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Zuviel, zuviel, zuviel

Wenn es nach mir ginge, könnte jeder Tag nochmal sechs Stunden mehr haben, und die würde ich zum Schlafen verwenden. Ich geb es ja nur ungern zu, aber ich habe mich übernommen, und das merke ich gerade aufs Schmerzlichste. Damit meine ich nicht meine Versuche, die Fitness zu steigern – auch wenn ich am Sonntag bei meinem ersten Kurs schon während der ersten Viertelstunde Aerobic kollabiert bin und mit puterrotem Kopf auf dem Rücken endete, pumpend wie ein Maikäfer – auch wenn das natürlich bei meinem Problem mitmischt, denn auch das Workout kostet Zeit. Vor allem aber habe ich mit den Resultaten einer schriftstellerischen Fehlentscheidung zu kämpfen, und daß es noch früh im Jahr ist, macht das nicht besser.

Fakt ist, ich hätte niemals ein Jahresziel von 500.000 Wörtern wählen dürfen. Ich hätte auf die warnenden Stimmen hören sollen und auf diejenigen meiner Mitstreiter vom letzten Jahr, die im Vergleich zu 2010 ihr Ziel reduziert haben, weil das, was sie in dem Jahr geschrieben haben, ja auch noch überarbeitet werden muß. Aber nein, die kleine Maja war ja der Ansicht, daß sie eine Herausforderung braucht, und das Überarbeiten läßt sich doch bequem nachmittags beim Fernsehen erledigen… Das habe ich nun davon.… Weiterlesen

Der Speck muss weg

Bereits im Dezember habe ich angekündigt, dramatisch abnehmen zu wollen, und seither habe ich glorreich ungefähr zwei Kilo verloren. Nicht weltbewegend, wirklich, vor allem, wenn man bedenkt, daß man Nicht-Diät-haltender Freund im Vergleichszeitraum an die sieben Kilos verloren hat. Bei höherem Ausgangsgewicht, aber trotzdem, das wurmt. Aber wer sich nicht bewegt, so wie ich normalerweise, der nimmt auch nicht ab. Und weil meine Gesundheit gefährdet ist, mache ich jetzt Nägel mit Köpfen: Ich habe mich in einem Fitness-Studio angemeldet. Mehr noch: Ich war sogar schon mal da.

Heute wurde ich also auf meine Ausgangssituation untersucht. Da galt es, die Pobacken feste zusammenzukneifen und die harten Wahrheiten zu schlucken – nach zehn, fünfzehn Jahren ohne sportliche Betätigung, wo soll ich da Fitness hernehmen? Der Körper ist eingerostet und unbeweglich, das wußte ich ja, aber das Schlimmste war die Körperfettmessung. So schön konnte ich mir immer einreden, daß das doch bestimmt alles Wassereinlagerungen wären, nur wegen der Medikamente, die sind Schuld… Nein, sind sie nicht. Und das ist kein Wasser. Mit einem Anteil von 46% steht mein Körperfett kurz vor der Regierungsbildung. Zum Vergleich: In meiner Altersgruppe zählt alles über 29% als schlecht. Und diesen Wert übertreffe ich nochmal um die Hälfte. Positiv formuliert: Ich habe eine Menge Potenzial fürs zukünftige Training.… Weiterlesen

Gelb und grün

Plötzlich hat sie mich gepackt, die Eifersucht, getroffen wie ein Tritt in meine allerheiligsten Eingeweide und vor allen in mein menschliches Selbstverständnis. Seit Jahren predige ich das Prinzip des Gönnens unter Autoren, getreu dem kölschen Motto »Man möht och jünne künne.« Ein Vertrag eines anderen Autors bedeutet nicht, daß ich selbst keinen bekommen werde, und wenn der Autor mit dem Vertrag auch noch ein Freund ist, was gibt es besseres, als sich gemeinsam zu freuen? Und es hat immer geklappt, neidlos habe ich beklatscht, wie meine liebsten und besten Freunde in den tollsten Verlagshäusern untergekommen sind, und nie kam dabei ein anderes Gefühl auf als Freude – bis auf jetzt. Plötzlich. Heimtückisch. Aus heiterem Himmel.

Was ist geschehen? Ich habe nach Franka Rubus gegoogelt. Die gibt es in Wirklichkeit nicht, nicht unter dem Namen jedenfalls, das ist nämlich Grey, und ich habe sie sehr lieb. Ich freue mich darauf, daß bald – unter dem erwähnten Pseudo – ihr Vampirroman erscheint, ihr erster veröffentlichter Roman, und ich wollte wissen, ob auch schon anständig Werbung dafür gemacht wird. Und dann sah ich es: Franka Rubus liest aus „Die Blutgabe“ – ein Link auf eine leere Seite beim Aufbau-Verlag, offenbar ein Platzhalter für wenn sie wirklich auf Lesereise geht, nichts Wildes und erst recht nichts Schlimmes – aber es traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel.… Weiterlesen

Du wachst auf. Du fühlst dich scheisse.

Als ich noch ein aktiver Teilnehmer an Rollenspielconventions war, gab es einen Standardanfang für spontan zusammengewürfelte Gruppen, die ohne Plot und Plan zu spielen anfingen: »Du wachst auf. Du fühlst dich scheiße.« Lange Einführungen und Charakterbauen entfielen, wer man war, wußte man nach dem Aufwachen sowieso nicht, und während die Spieler litten, konnte der Spielleiter immer noch in Ruhe überlegen, was denn nun genau passieren sollte. Und abgesehen davon, daß die letzten Tage für mich tatsächlich so begonnen haben – ehrlich, ich fühle mich keinen Deut besser als Anfang Dezember, traue mich aber nicht, mich wieder richtig krankschreiben zu lassen, weil ich um eine Verlängerung meiner Stelle fürchte – konnte ich das Prinzip jetzt endlich mal wieder zum Schreiben nutzen.

Mir fehlt meine Gauklerinsel. Mir fehlt der Spaß, mir fehlen die Figuren, mir fehlt aber vor allem das spontane Drauflosschreiben, mit dem dieses Buch einst begonnen hat – damals, als die ersten Geschichten um Roashan entstanden, wachte er auf und fühlte sich scheiße, und während er mit seinem Gedächtnisverlust kämpfte, konnte ich in Ruhe überlegen, was genau ihm den widerfahren war. Alles weiter, der Plot, die Verschwörer, etc, das entstand erst viel später. Am Anfang war das Buch nur ein namenloses Spaßprojekt.… Weiterlesen

Minus ein Ruinensammler

Ich habe dann gestern doch noch geschrieben, weil es besser ist, das Pflaster schnell abzureißen, statt sich lange den Qualen und Herzschmerzen hinzugeben – früher oder später werde ich ja doch wieder anfangen müssen. Und weil ich dachte, es tut gut, mal etwas ganz Neues zu schreiben, wenn ich schon das Alte fertig habe, habe ich mir den Ruinensammler vorgenommen. Wir erinnern uns: Das ist einer von drei Kandidaten für den freigewordenen Romanplatz, und ich habe vor, zu allen dreien ein Probekapitel zu schreiben, um mich leichter entscheiden zu können. Ein Probekapitel später kann ich sagen: Der Ruinensammler ist raus.

Es war ein besonders ambitioniertes Projekt, mit dem ich nicht mehr und nicht weniger als den Roman revolutionieren wollte: Es gibt Tagebuchromane. Es gibt Briefromane. Dies sollte der erste Blogroman werden, komplett mit Kommentaren und Spam. Die Handlung ist schnell erzählt: Lydia, die Fliedermaus, betreibt ein Blog über leerstehende Gebäude, Robert alias Feenfürst fotographiert Ruinen. Gemeinsam reisen sie in Deutschlands Mitte, um beiderseits der ehemaligen Grenze der jüngeren Geschichte in Form von Leerstand nachzuforschen, doch nach und nach begreift Lydia, daß ihre Internetbekanntschaft kein Mensch ist, sondern ein Geist, der sich von den Erinnerungen alter Häuser ernährt. Soweit, sogut. Das Dumme ist nur: Es funktioniert nicht.… Weiterlesen

(K)ein Grund zum Feiern

Nun ist es also tatsächlich passiert. Die Gauklerinsel ist fertig. Um kurz nach eins in der Nacht habe ich die letzten Wörter geschrieben, und das sogar zweimal, denn ich kann mich nicht entscheiden, wie der letzte Satz lauten soll: Vor ihnen war Nebel oder Vor ihnen lag Nebel. Zur Sicherheit habe ich beide Versionen abgespeichert, mir gefällt die erste Fassung etwas besser, meinem Freund die zweite. Und eigentlich sollte ich mich jetzt freuen und ein bißchen feiern, einen guten Wein aufmachen oder so – aber statt dessen bin ich das Heulende ElendTM. Ich fühle mich leer, ausgelutscht, aufgebraucht, und kann mir nicht vorstellen, jemals wieder auch nur ein Wort zu schreiben.

Ich habe noch nie ein so langes in sich abgeschlossenes Buch geschrieben. Gut, die Spinnwebstadt hat ein paar Seiten mehr, hundert oder so, aber die war in vier Einzelbände aufgeteilt, die jeweils einzeln für fertig erklärt wurden. Das gleiche gilt auch für die einzelnen Elomaran-Bücher. Aber nach vier Jahren, achthundert Seiten, einfach so Tschö sagen, das geht nicht. Statt mich zu freuen, bin ich in Trauer. Eigentlich sollte ich noch schreiben, nicht an der Gauklerinsel, sondern an den anderen Geschichten, ich will diesen Monat noch mindestens zweitausend Wörter schreiben, besser mehr, aber ich kann nicht.… Weiterlesen

Der lange Abschied

Ende Dezember hatte ich ihn schonmal, den End-of-Book-Blues. Da war Geigenzauber so gut wie fertig, und es ging mir an die Nieren. Aber das ist kein Vergleich zu dem, wie es mir jetzt geht. Ich stehe kurz vor dem Ende der Gauklerinsel, nur noch der fehlende Epilog steht zwischen mir und dem magischen Wort ‚Finis‘. Und ich gebe mich dem entsetzlichen Heulen und Zähneklappern hin. Dieses Buch ist mir so sehr ans Herz gewachsen, ich liebe es über alles, und die Vorstellung, daß auf einmal alles vorbei sein soll, tut mir weh. Ich liebe meine Figuren, Rosi, Trotzki, Shaun, den Blonden, Maris, das Kind, alle, bis hin zur kleinsten Nebenfigur. Es soll nicht vorbei sein, nicht einfach so, nicht schon jetzt… Es macht eben doch einen Unterschied, ob man sieben Wochen an einem Buch schreibt oder vier Jahre.

Die ersten Wurzeln der Gauklerinsel liegen sogar noch länger zurück: Die Insel selbst ist zumindest dem Namen nach eine Idee, die ich im sechsten Schuljahr hatte, also 1986, und Rosi entstand für ein Briefrollenspiel, an dem ich 2001 teilgenommen habe, und auch Shaun ist damals entwickelt worden, und ich wußte immer, auch nach dem Ende des Rollenspiels, daß ich mit den beiden noch was machen will.… Weiterlesen