Nun ist es also tatsächlich passiert. Die Gauklerinsel ist fertig. Um kurz nach eins in der Nacht habe ich die letzten Wörter geschrieben, und das sogar zweimal, denn ich kann mich nicht entscheiden, wie der letzte Satz lauten soll: Vor ihnen war Nebel oder Vor ihnen lag Nebel. Zur Sicherheit habe ich beide Versionen abgespeichert, mir gefällt die erste Fassung etwas besser, meinem Freund die zweite. Und eigentlich sollte ich mich jetzt freuen und ein bißchen feiern, einen guten Wein aufmachen oder so – aber statt dessen bin ich das Heulende ElendTM. Ich fühle mich leer, ausgelutscht, aufgebraucht, und kann mir nicht vorstellen, jemals wieder auch nur ein Wort zu schreiben.
Ich habe noch nie ein so langes in sich abgeschlossenes Buch geschrieben. Gut, die Spinnwebstadt hat ein paar Seiten mehr, hundert oder so, aber die war in vier Einzelbände aufgeteilt, die jeweils einzeln für fertig erklärt wurden. Das gleiche gilt auch für die einzelnen Elomaran-Bücher. Aber nach vier Jahren, achthundert Seiten, einfach so Tschö sagen, das geht nicht. Statt mich zu freuen, bin ich in Trauer. Eigentlich sollte ich noch schreiben, nicht an der Gauklerinsel, sondern an den anderen Geschichten, ich will diesen Monat noch mindestens zweitausend Wörter schreiben, besser mehr, aber ich kann nicht. Ich bin komplett ausgebrannt. Ob das Buch jetzt gut geworden ist oder schlecht, kann ich nicht beurteilen, dabei hatte ich all die Jahre über beim Schreiben eigentlich ein gutes Gefühl. Aber jetzt ist es weg, und alles was bleibt, ist Leere.
Vielleicht geht es mir morgen besser. Vielleicht ist die Aussicht, daß neben mir ein Buch von über 800 Seiten flüstert »Überarbeite mich!« schrecklich genug, um mich wieder ans Schreiben zu bringen, nur um das Unausweichliche zu verhindern. Aber heute werde ich mich einfach nur irgendwo verkriechen, und hoffen, daß der Tag schnell vorbei geht.