Das Kontinuum schlägt zurück

Wenn Autoren an einer Szene oder einem Kapitel nicht weiterschreiben, finden sie meistens irgendwelche Ausreden, warum sie ja wollen, aber nicht können. Ich bin gerade in genau so einer Situation, und das im Zweiten Kapitel von Zornesbraut. Und es ist nicht so, daß ich erst seit drei Wochen daran arbeite und einfach keinen Plan habe, wie es weitergeht: Nein, an dem Kapitel schreibe ich schon ein gutes Jahr, gefühlt zumindest. Und ich weiß genau, was in diesem Kapitel vorkommen soll. Und die ersten fünfundzwanzig Seiten davon habe ich schon geschrieben, und es ist alles so geworden wie es sollte, und es hat Witz, und es gefällt mir – und dann kommt mir das Kontinuum in die Quere, mein eigenes Kontinuum, und ich komme nicht weiter.

In diesem Kapitel passieren ein paar nette und ein paar weniger nette Dinge – Natara kommt in die Pubertät und entwickelte erste Auswüchse knospender Weiblichkeit, was nett ist und seitenlang so viele Brüste reflektiert werden, daß jeder Fetischist sich mit dem Kapitel wohlfühlen darf und die Suchmaschinen den Text ganz weit oben führen werden, sofern mit den richtigen einschlägigen Begriffen (Brüste, zum Beispiel) gesucht wird. Auch tritt ein alter Bekannter auf, Ansgar der Kriegsbotschafter, um – weniger nett – Koristan den Krieg zu erklären.… Weiterlesen

Prolog: Trauerarbeit

Beinahe das Schwerste war, für dieses Kapitel einen passenden Namen zu finden. Eigentlich kein besonders schwerwiegendes Problem, tauchen die Kapitelnamen doch nur in der Übersicht auf und hier im Blog, aber trotzdem: Ich will jedem Kapitel einen passenden Namen geben können, der neugierig macht, ohne zuviel zu verraten. Meistens ist mir das auch ganz gut gelungen, von den ersten Kapiteln von Engelsschatten vielleicht mal abgesehen, aber jetzt bin ich echt in die Bedrouille gekommen: Wie sollte ich den Prolog von Falkenwinter nennen, außer »Prolog«?

Erst dachte ich an »Ein Dicker Mann Wandert« – das ist der Titel eines Bilderbuchs aus der Sammlung meines Vaters, und vielleicht hätte ja der ein oder andere Leser das wiedererkannt. Es gibt verschiedene andere Kapitel, die nach Büchern benannt sind – der Dicke Mann wäre also in guter Gesellschaft gewesen. Aber der Dicke Mann – was in diesem Fall für Dannen sicher etwas übertrieben ist, aber seine eigene Wortwahl – wandert in diesem Kapitel gar nicht soviel, und damit wäre dann jeder, der nicht seinen Günther Bruno Fuchs gelesen hat, von dem Namen befremdet, und es wird eine Witzigkeit impliziert, die dieser Text nicht hat. Also: Kein Dicker Mann Wandert. Nicht in diesem Titel, jedenfalls.

Dann wollte ich es »Dicker Junge, Dünner Junge« nennen – klingt ein bißchen so wie Gute Zeiten, Schlechte Zeiten und spiegelt den Kontrast zwischen Dannen und Varyn wieder.… Weiterlesen

Dreiunddreissig Zeilen, dreiunddreissig Seiten

Gestern habe ich eine Seite an Falkenwinter geschrieben. Eine Seite und drei Zeilen, um genau zu sein, und kein Wort mehr, dreiunddreißig Zeilen insgesamt. Es waren die ersten Zeilen überhaupt, die ich seit April geschrieben habe, zumindest an diesem Buch – mein Umzug, meine neue Arbeit haben mich komplett aus dem Rennen geworfen, und aus dem Plot. Letzteres war das eigentlich Schlimme.

Im Frühling hatte ich mich zügig und flüssig an den Prolog des Vierten Buches gemacht, den guten Dannen munter (oder weniger munter – wir sprechen immerhin von Dannen!) drauflos plappern lassen, Seite um Seite floß aus meiner Feder, plötzlich hatte ich zweiunddreißig Seiten, und das Kapitel war so gut wie fertig – als mich die RWTH Aachen anrief und mir sagte, ich hätte den Job als Bibliothekarin. Und ich legte das Schreibzeug beiseite und machte mich an die Wohnungssuche. Im Juli dachte ich, jetzt bin ich soweit zur Ruhe gekommen, schreib ich mal weiter – und ich las meinen Prolog nochmal und dachte: Was zum Teufel…? Ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Dannen sinniert über seine Kindheit, die Scheidung seiner Eltern, das Verhältnis zu seinen Geschwistern, und versucht parallel dazu, Varyn zu knacken, der nach dem Umglück verständlich neben der Spur steht.… Weiterlesen