Wat kütt? Dat kütt! II

Das Schreibjahr 2011 war ohne Zweifel das fruchtbarste meines ganzen Lebens. Nicht nur habe ich mein Jahresziel von 500.000 Wörtern am Ende so locker erreicht, dass ich den Dezember über ruhig ausklingen lassen konnte und keinen Endspurt hinlegen musste, vor allem aber habe ich drei Romane fertiggestellt, einen davon mit über achthundert Seiten, habe einen Roman abgeliefert, der auch nach der Buchmesse positive Resonanz bei den Verlagen hervorgerufen hat, und habe erkannt, dass Schreiben das ist, womit ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Aber das beste ist, dass ich keinen Zweifel daran habe, im Jahr 2012 das Ergebnis nochmal zu übertreffen. Nicht unbedingt an Quantität – 500.000 Wörter sind eine schöne Menge, das muss nicht unbedingt mehr werden – aber doch an Qualität. Ich bin schon gut, aber ich kann und muss mich immer noch steigern. Und so folgen nun, nach meinen letztjährigen Guten Schreibvorsätzen, die ich fast alle eingehalten habe, die Werke in Arbeit, die ich ins neue Jahr mitnehmen werde.

Mohnkinder
Als ein Geniestreich hat sich mein Nanowrimo-Neuzugang in diesem Jahr erwiesen. Mit weniger als zehn Tagen zwischen Idee und Drauflosschreiben hätte das Schlimmste dabei herauskommen können, aber tatsächlich ist mir Percy ans Herz gewachsen wie lange kein Held mehr, die Recherchen machen Spaß, der Plot kommt gut an, und sogar meine Eltern waren vom Konzept überzeugt, eingeschlossen meinen Vater, der noch nie etwas von mir hat lesen mögen.… Weiterlesen

Im Trailerpark

Gut und gern zehn Jahre muss es jetzt her sein, dass ich den ersten Trailer für den ersten Herr der Ringe-Film gesehen habe, und er hat mich niedergestreckt wie ein Eichenknüppel. Diese epischen Landschaften! Diese riesige Welt! Diese Bilderflut! Diese riesengroßen Füße! Nein, ich meine nicht die Hobbits – es waren die Argonath, die mich völlig fertiggemacht haben. Ich schrieb damals seit knapp zwei Jahren an meinen Chroniken der Elomaran, und ich musste erkennen, dass ich zu solcher Epik, wie Tolkien sie uns vorgelebt hat, nicht liefern kann. Und dass ich keinen Regisseur zu solchen Szenen inspirieren kann. Meine Geschichten spielen eher im kleinen, überschaubaren Bereich, Massenszenen kann ich nicht, an Schlachten verzweifle ich – eigentlich alles nicht so schlimm, ich habe andere Qualitäten, aber damals, im Winter 2001, hat es mich völlig fertiggemacht, in eine solche Krise gestürzt, dass ich im ganzen Jahr 2002 nur rund fünfzig Seiten geschrieben habe. Den Film habe ich mir dann trotzdem angesehen, voll trotziger Begeisterung, aber das Buch habe ich bis heute nicht gelesen. Der Film selbst war nicht so schlimm wie der Trailer, vielleicht, weil darin alle Epik auch noch so komprimiert war, dass sie mir en block um die Ohren hauen konnte.… Weiterlesen

Tag Vier: Mein erster Held

Es ist mal wieder an der Zeit, mich dem Dreißig-Fragen-Stöckchen zuzuwenden, damit ich noch in diesem Leben damit zum Ende komme, als geht es nun weiter mit der nächsten Frage:
4. Erzähl uns von einer deiner ersten Geschichten/Figuren!

Strenggenommen müsste ich mit Pombo anfangen, wenn ich nicht zugeben müsste, dass ich bis auf seinen Namen so ziemlich alles über ihn vergessen habe. Ich muss damals irgendwas um die vier Jahre alt gewesen sein, und die Geschichten von Pombo habe ich mir erzählt, wenn ich in den Bettkasten meiner Eltern geklettert bin, der eine vortreffliche Höhle abgegeben hat. Hätte ich die Geschichten bloß auch mal jemand anderem erzählt! So weiß ich nur noch, dass Pombo im Eis eines Sees eingefroren war (ob nur mit den Füßen oder Ganzkörper, ist nicht überliefert) und dort auf den Frühling warten musste. Und das war’s auch schon. Abgang Pombo. Aber um so mehr Eindruck hat sein Nachfolger hinterlassen, der Räuber Buddelmann. Und nein, damit ist nicht mein neuer Hamster gemeint, so treffend für den die Bezeichnung auch wäre.

Der Räuber Buddelmann entstand, als ich fünf Jahre alt war und meine Eltern im Urlaub ein Bauernhaus in Ostfriesland hüteten. Es war kein Ferienhaus, und zum Schlafen hatte ich eine Matratze auf dem Boden eines Zimmers, in dem eine Reihe großer Masken an der Wand hing – afrikanisch, möchte ich heute vermuten, aber da es keine Fotos davon gibt, kann ich nur in der Erinnerung kramen.… Weiterlesen

Eine Frage des Gewissens

Ich bin im Moment arbeitslos, aber so betrachte ich das eigentlich nicht. Statt dessen sehe ich mich als Berufsautorin, der nichts mehr fehlt als ein Buchvertrag, und ich hoffe, dass mein Puppenzimmer mir helfen wird, den entscheidenden Schritt zu tun. Aber es hätte auch anders gehen können. Vor ein paar Tagen fand ich eine Stellenausschreibung – die Firma Filmpool, für die ich vor neun, zehn Jahren als freie Autorin tätig war und Scripte für Richterin Barbara Salesch und Das Familiengericht geschrieben habe, sucht gegenwärtig Autoren. Nicht so wie ich damals, freie Mitarbeiter, die von zuhause aus ein Script pro Woche abliefern, sondern in Festanstellung zum Einsatz vor Ort in Hürth. Sogar die Dienste des Hauseigenen Masseurs werden angeboten, und mehrere Tage lang war ich fest entschlossen, mich dort zu bewerben – ich rechnete mir keine schlechten Chancen aus, da ich ja schon verschiedene Arten von Erfahrung mitbringe, und hatte schon ein Porftfolio an Arbeitsproben zusammengestellt. Konkret ging es um Arbeit an verschiedenen ‚Scripted Reality‘-Formaten – Sendungen wie Familien im Brennpunkt oder Verdachtsfälle – Telenovelas und Daily Soaps.

Am Ende habe ich dann entschieden, mich nicht zu bewerben. Zum einen, weil ich nicht in Vollzeit arbeiten kann, nicht einmal als Autorin, und weil ich bis Hürth doch anderthalb Stunden unterwegs bin.… Weiterlesen

Über die Freuden des Scheiterns

Was für ein Kampf! Was für ein Endspurt! Als jeder andere Nanit des Tintenzirkels schon in seinem Bett lag und den Nanowrimo entweder gewonnen oder verloren hatte, saß ich noch auf meinem Sofa, den Laptop auf dem Schoß, Kochshows aus der Konserve auf dem Fernseher, und habe geschrieben, geschrieben, geschrieben bis kurz vor sechs in der Frühe, um es noch zu schaffen, um auch mit Geisterlied den Sieg einzufahren. Es war ein Kampf. Nicht mehr als 3.060 Wörter fehlten mir, sicher kein unüberwindbares Hindernis, aber da ich schon ein paar Tage davor an meine Grenzen gestoßen war, sollte sich jedes Wort als Krieg herausstellen. Mein Timing hätte schlechter nicht sein können: Nicht nur war es der 30. November und die letzte Chance, dreitausend Wörter für den Nanowrimo zu schreiben, nein, es ging auch noch um nicht mehr und nicht weniger als den dramatischen Höhepunkt des Buches, eine Szene, die ich schon seit drei Jahren vor Augen hatte und die sich als entsprechend schwer zu schreiben herausstellte.

Um Haaresbreite habe ich es dann geschafft, bevor ich in mein Bett kollabiert bin, lange nachdem Kamen und Elena ihre Plaketten eingefahren hatten. Nur weil ich von Anfang an in einer anderen Zeitzone geschrieben habe – dem Biorhythmus angepasst auf die Zeit von Quito, Peru – konnte ich um diese Uhrzeit noch arbeiten, und auf den allerletzten Drücker fertig zu werden, war erfrischend anstrengend.… Weiterlesen