Rezensieren, Reagieren

Wie ich schon mal früher geschrieben habe, gehöre ich zu den Autoren, die gerne Rezensionen ihrer Bücher lesen, und zwar alle Rezensionen. Ich freue mich über ein Lob, aber ich finde auch kritische Kommentare interessant. Und auch wenn es nicht im meinem Sinn ist, den Lesern nach dem Mund zu schreiben und meine Plots nach Mehrheitsenscheidungen zu stricken, denke ich, dass ein Autor aus Rezensionen eine Menge lernen kann, vor allem, was sich besser machen lässt. Wer pauschal sagt »Der Rezensent hat keine Ahnung!«, »Der versteht mich/mein Genie/Kunst/Nichtzutreffendes bittes streichen nicht«, »Der will mich doch nur schlechtmachen!«, macht es sich zu einfach. Das heißt nicht, dass wirklich jeder Kritiker immer und überall recht hat – aber wenn sich bestimmte Kritikpunkte häufen, sollte das einem Autor zu denken geben.

Als die ersten Rezensionen zum Puppenzimmer eintrudelten, war ich froh über den insgesamt sehr positiven Tenor – es war meine erste Veröffentlichung, meine ersten Rezis überhaupt, und ich hatte keine Ahnung, wie mein verquerer Stil beim Leser ankommen würde. Insofern war es eine positive Überraschung, dass meine Sprache durch die Bank gelobt wurde und sich niemand über meinen antiquierten Duktus oder die Bandwurmsätze aufgeregt hat. An Kritikpunkten kamen vor allem zwei Dinge: Das eine war, dass vielen Lesern der Schluss nicht gefiel.… Weiterlesen

Der November naht – mal wieder

Die Tage werden länger, grauer und dunkler, der November naht, und mich überkommt freudige Erwartung. Das war nicht immer so – früher war dieser Monat für mich eine trübe Zeit, aber vor zehn Jahren änderte sich das auf einen Schlag. Damals, 2006, machte ich zum ersten Mal beim Nanowrimo mit. Ich hatte keine großen Erwartungen, rechnete nicht im Traum damit, ein Ziel von 50.000 Wörtern in einem Monat schaffen zu können, aber ich hatte eine Motivation: Der Rowohlt-Verlag hatte einen Preis für ein phantastisches Jugendbuch ausgeschrieben, den ich unbedingt gewinnen wollte. Ich hatte eine Idee, und das seit August, aber der Einsendeschluss war im Dezember, und ich ging beriets im Sommer nicht davon aus, rechtzeitig fertig werden zu können, und versuchte es dementsprechend gar nicht erst. Dann, irgendwann Ende Oktober, schickte mir meine frühere Mitbewohnerin den Link zur Nanowrimo-Seite, weil sie meine Idee kannte und mochte, und meinte, damit wär doch der Wettbewerb kein Problem mehr – und als ich dann auch noch sah, dass die Filkerin, Autorin und Illustratorin Debbie Ohi einen täglichen Cartoon für den Nano zeichnete, meldete ich mich an.

Der Monat begann, ich kämpfte mit mir, meiner Protagonistin, dem Buch und überhaupt, und hing weit hinter dem Ziel zurück, bis am dritten oder vierten Tag der Knoten platzte, ich 2.800 Wörter an einem einzigen Tag schrieb und damit sowas wie einen Lebenszeitrekord aufstellte, und mein Ehrgeiz war geweckt.… Weiterlesen

Dumm und ungebildet

Ich habe normalerweise kein Problem damit, wenn meine Protagonisten nicht immer die allerhellsten sind. Mir ist wichtig, dass die Leser das Buch selbst für intelligent halten, klug konstruiert, raffiniert, und geistig durchaus herausfordernd. Und natürlich sollen sie auch auf die Idee kommen, dass diese Autorin ein überaus kluger Kopf ist. Aber das geht auch mit Helden, die ein bisschen schwer von kapee sind – sofern sich das die Waage hält. Ich habe intelligente Figuren und solche, die weniger intelligent sind, so wie die Menschheit selbst auch bunt gemischt ist. Mein erster Icherzähler überhaupt, der namenlose Protagonist meiner Kriminalparodie Marlowe, Lime und Co., die ich mit stolzen fünfzehn Jahren geschrieben habe, war ein ausgesprochener Volldepp, und ein großteil des Humors dieser Geschichte und ihrer Fortsetzungen basierte darauf, dass »Co« keine Ahnung hatte, was um ihn herum vorging.

Das gleiche Prinzip hatte ich bei der Gauklerinsel, wo Roashan sich zwar selbst für einen brillianten Verstand hielt, tatsächlich aber nicht die hellste Kerze am Christbaum war – er war durchaus listig, mit einer überlebensfördernden Portion Bauernschläue, aber ihm fehlte die Gabe, Zusammenhänge zu durchschauen, und stolperte im Zweifelsfall über die eigene Selbstüberschätzung. Das war lustig, aber das bedeutet nicht, dass ich mich über weniger intelligente Figuren lustig machen möchte – was Roashan lustig machte, war sein aufgeblähtes Ego, und im gleichen Buch hatte ich mit Maris eine Perspektivträgerin, die eine geistige Behinderung hatte, und an der wirklich nichts zum lachen war – sie war eine herzzerreißend anrührende, vor allem aber starke Person.… Weiterlesen