Einspruch, euer Ehren!

Eigentlich sollte »Wie Haut so kalt« schon im letzten Herbst fertig werden, noch vor dem Nano, das war der Plan. Daraus geworden ist – nichts. Damit reiht sich WHSK nahtlos in die Reihe der Bücher ein, die 2022 unbedingt hatten fertigwerden sollen und das, aus den unterschiedlichsten Gründen, nicht getan haben. Hier habe ich mich in einer juristischen Zwickmühle verfangen: Varda hat zwei Prozesse vor sich, einen, in dem er selbst angeklagt ist, und einen, in dem er als Zeuge aussagen soll, dahinein fällt dann auch noch der dramatische Höhepunkt des Buches, ich bin mir immer noch nicht sicher, wie ich die Handlung auflösen soll, und ohne einen roten Faden sollte man als Autor ohnehin nicht an ein Buch rangehen, aber ganz sicher nicht an einen dramatischen Gerichtsprozess.

Jetzt bin ich kein Jurist. Alles, was ich über Strafprozesse weiß, habe ich bei »Richterin Barbara Salesch« gelernt. Damit klinge ich jetzt unfähiger, als ich wirklich bin. Denn bei Barbara Salesch war ich nicht nur Zuschauerin, ich habe auch selbst als Laiendarstellerin mitgewirkt – und, was noch mehr ist, selbst Fälle geschrieben. Das war meine erste richtige bezahlte Autorentätigkeit. Und nachdem ich das lange als irgendwie peinlich unter den Teppich gekehrt habe, bin ich heute doch wieder ganz anständig stolz darauf.… Weiterlesen

Fisher, Fisher, welche Fahne weht heute?

»Du musst unbedingt Miss Fisher sehen!«, haben meine Freunde gesagt. »Du findest doch die Zwanziger so toll!« Ich nicke dann immer nur weise. Wenn mir jemand ein Buch, einen Film, eine Fernsehserie empfiehlt, ist das eigentlich ein Garant dafür, dass ich dann einen Bogen darum mache – ich fühle mich dann vorbelastet, kann nicht unbefangen an das Thema rangehen, sondern stehe unter Druck, das Empfohlene auch zu mögen, um nicht den Empfehler zu enttäuschen. Und toll finde ich die Zwanzigerjahre auch nicht. Ich halte sie für eine hochinteressante Epoche – eine Zeit der Narben, eine Zeit des Umbruchs, in der die Welt auf den Abgrund zusteuert. Eine Zeit des Aufbäumens und Abstürurzens. Seit inzwischen sechs Jahren habe meinen Zwanzigerjahre-Geisterjäger Percy, habe sehr viel über die Ära recherchiert, und natürlich interessiert mich eine in dieser Zeit spielende Krimiserie dann doch.

Miss Fisher’s Murder Mysteries vereint damit zwei Spezialgebiete von mir: Klassische Krimihandlung mit akribisch recherchiertem historischen Setting, liebevoller Ausstattung, und bezaubernden australischen Akzenten. Und da ich ein Netflix-Abo habe: Was spricht dann dagegen, mir einfach die ganze Serie, alle drei Staffeln, am Stück reinzuziehen? Die Serie selbst spricht dagegen. Sie hat mich einfach nicht überzeugen können. Fünf Folgen habe ich durchgehalten. Danach hatte ich genug.… Weiterlesen

Eine Frage des Gewissens

Ich bin im Moment arbeitslos, aber so betrachte ich das eigentlich nicht. Statt dessen sehe ich mich als Berufsautorin, der nichts mehr fehlt als ein Buchvertrag, und ich hoffe, dass mein Puppenzimmer mir helfen wird, den entscheidenden Schritt zu tun. Aber es hätte auch anders gehen können. Vor ein paar Tagen fand ich eine Stellenausschreibung – die Firma Filmpool, für die ich vor neun, zehn Jahren als freie Autorin tätig war und Scripte für Richterin Barbara Salesch und Das Familiengericht geschrieben habe, sucht gegenwärtig Autoren. Nicht so wie ich damals, freie Mitarbeiter, die von zuhause aus ein Script pro Woche abliefern, sondern in Festanstellung zum Einsatz vor Ort in Hürth. Sogar die Dienste des Hauseigenen Masseurs werden angeboten, und mehrere Tage lang war ich fest entschlossen, mich dort zu bewerben – ich rechnete mir keine schlechten Chancen aus, da ich ja schon verschiedene Arten von Erfahrung mitbringe, und hatte schon ein Porftfolio an Arbeitsproben zusammengestellt. Konkret ging es um Arbeit an verschiedenen ‚Scripted Reality‘-Formaten – Sendungen wie Familien im Brennpunkt oder Verdachtsfälle – Telenovelas und Daily Soaps.

Am Ende habe ich dann entschieden, mich nicht zu bewerben. Zum einen, weil ich nicht in Vollzeit arbeiten kann, nicht einmal als Autorin, und weil ich bis Hürth doch anderthalb Stunden unterwegs bin.… Weiterlesen

Deutschland, deine Dicken

Was macht der dicke Mensch, der dringend abnehmen muß? Richtig: Er schaut fern. Das deutsche Fernsehen beschert mir gerade eine Sendung, die mir das Gefühl gibt, eine schlanke Grazie zu sein, weil die Menschen, die dort gezeigt werden, noch viel dicker sind als ich. Und wenn die mal nur noch soviel wiegen wie ich, sind die richtig glücklich. Ich sollte also zufrieden sein mit dem, was ich habe. Aber ich bin ja für Fernsehmüll immer zu haben, und von den Gerichtsshows brauche ich dringend eine Pause, also gibt es derzeit für mich The Biggest Loser, ein besonders perfides Format, das von sich behauptet, seine Kandidaten nicht vorzuführen, sondern ihnen in einer Notlage zu helfen. In Wirklichkeit werden hier kranke, hilflose Menschen ausgenutzt im Namen der Quote und vermeintlicher Aufklärungs- und Aufrüttlungsarbeit und machen das alles auch noch freiwillig, in dem Glauben, ihre letzte Chance überhaupt zu nutzen.

Wer wissen will, wie diese Sendung funktioniert und um was es geht, der findet im Netz eine Menge an Literatur und Kritiken, und ich habe keine Lust, hier zu wiederholen, was zig Leute vor mir geschrieben haben. Nein, ich bin ein Fernsehjunkie der besonderen Art. Ich schaue nicht nur die dritte Staffel Biggest Loser und habe auch schon die ersten beiden Staffeln gesehen.… Weiterlesen

Lassen Sie mich durch, ich bin Autor!

Ich bin krankgeschrieben und kaum aus meinem Bett zu bekommen – der Versuch, bei dem Psychiater, den mir mein Hausarzt empfohlen hat, ist bislang an den Sprechzeiten gescheitert, die leider auf Webseite und Anrufbeantworter nicht übereinstimmen, also bleibt es behandlungsmäßig noch beim Bewährten – aber fürs Fernsehen reicht es immer. Also habe ich die ersten Folgen von Castle gesehen, einer Krimiserie, bei der ein Autor der Polizei hilft, Verbrechen aufzuklären. Krimis liebe ich ja schon lange, und ein Autor bin ich auch, es hätte also genau die Serie für mich sein müssen – ist es aber nicht. Die Figuren sind schablonenhafte Stereotypen, und damit meine ich nicht nur die Nebenrollen, sondern auch die Hauptfiguren – jeder scheint genau eine Charaktereigenschaft zu haben, die dann bis zum Gehtnichtmehr aufgeblasen wird.

Der Autor ist ein selbstverliebter Frauenheld, der bei Autorenlesungen bevorzugt auf dem Dekolleté signiert, die Polizistin die typische toughe-aber-süße Pistolenbraut, die Tochter die rechtschaffen-gute Streberin und die Mutter die billigste alternde Diva, die man sich nur vorstellen kann, ohne darauf einzugehen, daß dieser Typ eigentlich ausgestorben ist, als Heroin das Morphium vom Markt verdrängt hat, und überhaupt ist die einzig wahre TV-Nymphomanin Blanche von den Golden Girls. Es gibt keine Charakterentwicklung – wie auch, ohne Charakter!… Weiterlesen

Elf Kugeln müsst ihr sein!

Ich liebe Snooker.
Tatsächlich ist Snooker die einzige Sportart, von der ich das sagen kann. Und die einzige, für die ich mir die Nächte um die Ohren schlage (und der Eurovision Song Contest, aber ich weiß nicht, ob das als Sport zählt). Snooker hat sehr komplexe Regeln, auf die ich nicht näher eingehen mag – diese Anekdote wird ohnehin nur von Snookerfreunden verstanden:

Zur Zeit läuft der Preston Grand Prix, bei uns abends auf Eurosport.
Ich folgte einer Partie halbwach, es war schon spät am Abend, das Telefon schellte, ich wanderte ab ins Arbeitszimmer, hockte mich noch ein wenig vor den PC und spielte Spider Solitaire, ging in die Küche, um mir noch ein Brot zu machen, und landete dann, irgendwann um kurz vor zwölf, wieder vor dem Fernseher.
Ach, Snooker ist schön! Dieser satte grüne Tischbezug… und die vielen roten Kugeln… und die gelbe, und die weiße… und die weiße… noch eine weiß… Warum sind da plötzlich so viele weiße Kugeln?
Und dann begriff ich: Snooker war vorbei. Das war Fußball.

Und die gelbe Kugel – das war der Schiedsrichter.

Dies ist ein alter Beitrag, ursprünglich 2005 für ein anderes Blog geschrieben, den ich nach Hollow Willow importiert habe.Weiterlesen

Alles Salz der Erde

Ich glaube, ich schau zuviel Fernsehen. Was heißt glauben? Ich weiß das. Aber wenn ich mit Lichtland fertig bin, weiß es die ganze Welt, so schamlos, wie ich mich offenbar bei meinen Lieblingssendungen der letzten Zeit bediene. Ich mache ja keinen Hehl daraus, daß ich mich bei der Figur des Shen sehr habe von einem Animecharakter habe inspirieren lassen – dem Medizinhändler aus der Serie Mononoke (mit dem Film Prinzessin Mononoke nicht verwandt und nicht verschwägert). Immerhin, ich habe dessen totschickes Kopftuch ersetzt durch einen breitkrempigen Hut, und Shen hat seinen eigenen Charakter und auch seinen eigenen Kopf, und alle Szenen, in denen er bis jetzt aufgetreten ist, erwärmen mir schier das Herz. Seit Morren in Eine Flöte aus Eis hatte ich keinen Charakter von so ultimativer Coolness mehr. Ich genieße jeden Satz, den ich ihm in den Mund legen darf. Schade, daß er grundsätzlich nicht soviel redet…

Aber zurück zum Fernsehen. Mononoke kennt hierzulande ja keiner. Aber ich schau ja nicht nur Anime. Und daß ich jetzt die Halle der Hüter komplett mit Salz ausgestreut habe – eine zentimeterdicke Salzschicht, wozu kleckern, wenn man auch klotzen kann? – entstammt wohl der Tatsache, daß ich beim Schreiben Supernatural geschaut habe. Ja, so ein Laptop ist schon praktisch, man kann fernsehen und gleichzeitig arbeiten… Salz hilft gegen böse Geister und Dämonen, auch der obenerwähnte Medizinhändler schaufelt schon mal ein paar Kilo davon durch die Gegend, wenn es darum geht, einen Bannkreis zu ziehen.… Weiterlesen