Wenn die Eulen enden

Ich habe ein ganz besonderes Verhältnis zu Eulen. Den größten Teil meines Lebens über glaubte ich, die Eule im Wappen zu führen: Ein ahnenforschender Vorfahr von mir hatte den Namen meiner Familie per Stammbaum auf die Schreibweise Ulich zurückführen können, und wo soll Ulich herkommen, wenn nicht von der alten Ul, der Eule? Zugegeben, dieser Ahnenforscher war Westfale, und im Plattdeutschen heißt die Eule tatsächlich Ul, oder Uule – der Name IIisch kommt aber aus dem polnischen Raum, und im Polnischen heißt die Eule Sowa. Sehr, sehr unwahrscheinlich, dass meine Vorfahren wirklich einen Garten voller Eulen hatten. Tatsächlich geht der Name Ilisch (oder Ulich) wahrscheinlich auf das Wort Ulica zurück, was Straße bedeutet: Also eher jemand, der an der Straße gewohnt hat oder viel auf ihr unterwegs war: Eher ein Hausierer denn der Gehlehrte, den wir da gerne gehabt hätten.

Das hat mich aber nicht davon abgehalten, mit einen Siegelstempel mit Eulenmotiv zuzulegen. Und den Verlag, den ich einmal gegründet habe – und wieder abgemeldet, ohne auch nur ein Buch verlegt zu haben – »Nachtkauz Verlag« zu nennen. Ich habe sogar eine kleine Eulensammlung, die sich über die Jahre mehr zufällig hier eingefunden hat. Ich mag Eulen wirklich, und was mich angeht, betrachte ich sie auch jetzt, nachdem meine Eltern die wahren Hintergründe des Familiennamens herausgefunden haben, immer noch als Wappentier ehrenhalber.… Weiterlesen

The Cover of the Rolling Stone

1973 sangen Dr. Hook & the Medicine Show in einem Lied aus der Feder des von mir sehr bewunderten Shel Silverstein darüber, dass sie auf das Cover des Musikmagazins »Rolling Stone« wollten – Zeichen dessen, dass man es wirklich geschafft hat im Showbiz. Fünf Exemplare wollten sie für ihre Mutter kaufen, dann hat die was zum Angeben, und das erinnert mich an das eine Mal, als ich es als Sechsjährige mit Foto in die Ruhrnachrichten geschafft habe mit einer hilflos verkehrt gehaltenen Ukulele und der Überschrift »Maja zupft wie Marilyn«, weil der Reporter eigentlich wegen eines in meinem Elternhaus stattfinden sollenden Muttermilchtests angereist war, der Muttermilchtester sich aber verspätete, der Reporter wenig Zeit hatte, Platz in der Zeitung zu füllen war und da dieses herzige blondlockige Kind herumlief, während die väterlichen Instrumente die Wand säumten. Und so wurde mir kurzerhand das hawaiianische Nationalinstrument in die Hände gedrückt, als wär es eine Puppe, ein Bild geschossen, und am anderen Tag hatte ich meine fünf Minuten Ruhm und meine Oma ein Exemplar der Zeitung zum Drauf-Stolz-Sein, und noch Jahre später hat sie diesen Artikel noch herumgezeigt. Und ich wette, weil bei meinen Eltern nichts wegkommt, haben sie noch irgendwo in der Schublade eine Fotokopie dieses Artikels liegen.… Weiterlesen

Einspruch, euer Ehren!

Eigentlich sollte »Wie Haut so kalt« schon im letzten Herbst fertig werden, noch vor dem Nano, das war der Plan. Daraus geworden ist – nichts. Damit reiht sich WHSK nahtlos in die Reihe der Bücher ein, die 2022 unbedingt hatten fertigwerden sollen und das, aus den unterschiedlichsten Gründen, nicht getan haben. Hier habe ich mich in einer juristischen Zwickmühle verfangen: Varda hat zwei Prozesse vor sich, einen, in dem er selbst angeklagt ist, und einen, in dem er als Zeuge aussagen soll, dahinein fällt dann auch noch der dramatische Höhepunkt des Buches, ich bin mir immer noch nicht sicher, wie ich die Handlung auflösen soll, und ohne einen roten Faden sollte man als Autor ohnehin nicht an ein Buch rangehen, aber ganz sicher nicht an einen dramatischen Gerichtsprozess.

Jetzt bin ich kein Jurist. Alles, was ich über Strafprozesse weiß, habe ich bei »Richterin Barbara Salesch« gelernt. Damit klinge ich jetzt unfähiger, als ich wirklich bin. Denn bei Barbara Salesch war ich nicht nur Zuschauerin, ich habe auch selbst als Laiendarstellerin mitgewirkt – und, was noch mehr ist, selbst Fälle geschrieben. Das war meine erste richtige bezahlte Autorentätigkeit. Und nachdem ich das lange als irgendwie peinlich unter den Teppich gekehrt habe, bin ich heute doch wieder ganz anständig stolz darauf.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Zirkus in der Stadt«

Neues Jahr, neues Glück: Es ist wieder an der Zeit, zurückzublicken auf diejenigen Geschichten, die auf die eine oder andere Weise, aber immer spektakulär, gescheitert sind. Heute: Ein Werk, das den Titel »Roman« nicht verdient hat, aber die Weichen gestellt hat für Jahrzehnte voller vor die Wand gefahrener Geschichten.

Ich war gerade acht Jahre alt geworden und ging ins zweite Schuljahr, als ich anfing, ein Buch zu schreiben. Ich weiß noch, dass ich während einer Schulstunde damit anfing: Wahrscheinlich im Förderunterricht, weil ich mich in diesem Fach meistens selbst beschäftigen durfte (und es über alle Maßen genoss, einmal etwas Zeit für mich allein zu haben). Jedenfalls malte ich ein Bild von einem Clown, der mit Bällen jongliert, und schrieb den Titel »Zirkus in der Stadt« dazu, und wo ich gerade dabei war, fing ich auf der Rückseite des Blattes an, die Geschichte dazu aufzuschreiben. Diese Version ist nicht erhalten, auch wenn weder ich, noch meine Eltern sie jemals weggeworfen hätten, aber ich war nie der ordentlichste Mensch, und irgendwann muss sie verlorengegangen sein.

Es war nicht die erste Geschichte, die ich mir ausgedacht hatte, wohl aber die erste, die ich aufschrieb. Und es geschah aus einer Laune heraus, ohne lange Planung, Plotten oder auch nur eine Idee .… Weiterlesen

Wat kütt? Dat kütt! VIII

Das Karussell dreht sich unerbittlich, und schon ist das nächste Jahr herum und wieder an der Zeit für den Ausblick, was ich in diesem Jahr alles schreiben will. Und ich frage mich allmählich, warum ich das jedes Jahr aufs Neue mache, nur um mich dann doch nicht daran zu halten. Von den Büchern, die ich letztes Jahr auf diese Liste gesetzt habe und die eigentlich schon 2021 »unbedingt und ganz sicher« fertig werden sollten, ist auch 2022 kein einziges fertiggeworden. Und so sieht meine Liste für dieses Jahr praktisch identisch aus zu der Liste vom letzten Jahr, die identisch aussah zur Liste von 2021, die nur deswegen nicht so aussah wie die Liste von 2020, weil ich in den Jahren 2019 und 2020 praktisch nicht gebloggt habe und dementsprechend auch keinen Jahresausblick gepostet habe.

Wie schon im Katastrophenjahr 2021 war auch 2022 mein Schreibjahr, gelinde gesagt, bescheiden. Es ging mir über weite Teile des Jahres psychisch sehr schlecht, ich war im Frühling drauf und dran, mich selbst in die Psychiatrie einzuweisen und habe es nur deswegen nicht getan, weil das mit der Premierenlesung des »Gefälschten Landes« kollidiert wäre. Danach ging es mir zwar ein bisschen besser – geschrieben habe ich trotzdem praktisch nichts, bis ich Ende des Jahres einen Lichtblick-Nanowrimo hatte, der mich auf Spur zurückgebracht hat und mir das einzige fertiggestellte Buch des Jahres eingebracht hat – aber das hatte ich im Nano neu angefangen, es stand nie auf meiner Jahresplanliste, und das ist letztlich auch nur ein Grund mehr dafür, die Existenz dieser Liste zu hinterfragen.… Weiterlesen