Wat kütt? Dat kütt! VIII

Das Karussell dreht sich unerbittlich, und schon ist das nächste Jahr herum und wieder an der Zeit für den Ausblick, was ich in diesem Jahr alles schreiben will. Und ich frage mich allmählich, warum ich das jedes Jahr aufs Neue mache, nur um mich dann doch nicht daran zu halten. Von den Büchern, die ich letztes Jahr auf diese Liste gesetzt habe und die eigentlich schon 2021 »unbedingt und ganz sicher« fertig werden sollten, ist auch 2022 kein einziges fertiggeworden. Und so sieht meine Liste für dieses Jahr praktisch identisch aus zu der Liste vom letzten Jahr, die identisch aussah zur Liste von 2021, die nur deswegen nicht so aussah wie die Liste von 2020, weil ich in den Jahren 2019 und 2020 praktisch nicht gebloggt habe und dementsprechend auch keinen Jahresausblick gepostet habe.

Wie schon im Katastrophenjahr 2021 war auch 2022 mein Schreibjahr, gelinde gesagt, bescheiden. Es ging mir über weite Teile des Jahres psychisch sehr schlecht, ich war im Frühling drauf und dran, mich selbst in die Psychiatrie einzuweisen und habe es nur deswegen nicht getan, weil das mit der Premierenlesung des »Gefälschten Landes« kollidiert wäre. Danach ging es mir zwar ein bisschen besser – geschrieben habe ich trotzdem praktisch nichts, bis ich Ende des Jahres einen Lichtblick-Nanowrimo hatte, der mich auf Spur zurückgebracht hat und mir das einzige fertiggestellte Buch des Jahres eingebracht hat – aber das hatte ich im Nano neu angefangen, es stand nie auf meiner Jahresplanliste, und das ist letztlich auch nur ein Grund mehr dafür, die Existenz dieser Liste zu hinterfragen.

Trotzdem, ich bin ein Mensch, der für wiederkehrende Rituale zu haben ist, und deswegen lege ich zumindest für 2023 noch mal so eine Liste an. Ich stehe weiter dazu, dass ich diese Bücher fertigschreiben will. Und zumindest an »Owls End« und »Wie Haut so kalt« habe ich auch 2022 durchaus gearbeitet, es ist nicht so, dass ich gar nichts geschrieben hätte, es fühlt sich nur so an. Auch mein Jahresziel ist genauso ehrgeizig wie in den vergangenen Jahren: 500.000 Wörter will ich schreiben, drunter tu ich es nicht, irgendwann muss es ja mal klappen. Wobei es nicht so ist, als ob ich es überhaupt noch nie geschafft hätte, so viel in einem einzigen Jahr zu schreiben. Nein, 2011 ist mir das geglückt. Danach nie wieder. Wird also langsam mal wieder Zeit.

Es wird auch 2023 wieder Veröffentlichungen von mir geben. Die erste davon steht so unmittelbar bevor, dass sie schon halb heraus ist, das Ebook ist bereits erschienen, die Druckausgabe hat ihren offiziellen Erstverkaufstag am 12. Januar, und meine Belegexemplare sind schon bei mir: Mit »Unten« kommt im Dressler Verlag mein allererstes Kinderbuch heraus, mein ganzer Stolz und Grund, mit einer Extraportion Glücklichsein ins neue Jahr zu starten, denn wenn es eine Sache aus 2022 gibt, auf die ich gerne zurückblicke, dann das. Vor einem Jahr war »Unten« gerade erst fertiggeworden, ich habe es überarbeitet, damit es mit zur Leipziger Buchmesse fahren kann, und habe doch sehr daran gezweifelt, dass diese sehr spezielle Geschichte überhaupt jemals einen Verlag finden würde – dann kam die Zusage von Dressler innerhalb von knapp mehr als einer Woche nach dem Angebot. So schnell kann es also gehen.

Und sonst so? Kann man mit weiteren Veröffentlichungen von mir rechnen? Ich sage mal vorsichtig: rechnen nicht, aber vielleicht hoffen. Zumindest gibt es da ein, zwei Dinge, mit denen ihr mir die Daumen drücken könnt, aber noch ist nichts davon spruchreif, und ob das dann noch für eine Veröffentlichung 2023 reicht oder doch eher erst 2024, kann ich noch nicht sagen. Verlage brauchen ihre Vorlaufzeit, und ich rede hier wirklich über ungelegte Eier. Aber hoffen, hoffen kann ich. Ich habe nämlich eine tolle Liste von Büchern, die sollen irgendwann auch mal gelesen werden. Wäre ja schön, wenn das eine oder andere davon 2023 endlich mal fertigwürde!

Works in Progress

Diese Liste ist voller alter Bekannter – und weil ich 2022 nur ein im Nano neu angefangenes Kinderbuch fertiggeschrieben habe, rutschen die alten Bücher alle mit ins Neue Jahr:

Das Glaslabyrinth
Genre: Dreampunk
Malek träumt von einem Labyrinth aus Glas, und nachdem er es im Traum einmal betreten hat, träumt er von nichts anderem mehr, bis es auch seinen Alltag dominiert. Dabei hat er eigentlich ganz andere Sorgen: Er hat eine ziemlich frische Schizophrenie-Diagnose, ist sich über seine Sexualität im Unklaren und fühlt sich zwischen seinen geschiedenen Eltern zerrissen. Die Grenzen zwischen Traum, Wirklichkeit und Wahn verschwimmen, als Malek in einem Schlaflabor die enigmatische Jonka trifft – und für die ist das Labyrinth kein Traum, sondern bitterster Ernst … Meinen Nano 2022 habe ich mit diesem Buch gewonnen, beinahe wider Erwarten, und jetzt stehe ich da und will unbedingt dran weiterschreiben, habe allerdings keinen Plot mehr – beste Voraussetzungen für ein Buch, das sich bis jetzt auch schon überwiegend selbst geschrieben hat. Und was will der sinistre Dr. Breda? Gehen wir ins Labyrinth und finden wir es heraus!

Ein Lied aus Glas
Genre: Clockworkpunk
Ist die Welt nicht schön? Oben dreht sich ein Himmel aus buntem Glas und taucht die ganze Welt in farbiges Licht – damit die Animi, wandelnde Schatten, die Menschen den Verstand rauben, sichtbar werden und von den auf allen Dächern lauernden Jägern erschossen werden können. Und gut, manchmal macht auch jemand Fehler und erschießt versehentlich einen Menschen, aber das muss man in Kauf nehmen, wenn das Wohl der Menschheit auf dem Spiel steht! Jossi Zalkin, Dieb und Jäger wider Willen, will eigentlich „nur“ den Himmelsschlüssel stehlen, um dem Treiben der Jäger ein Ende zu setzen – stattdessen hat er plötzlich mit eine entführte Göttin am Hals und das Messingmädchen Lala, das seine ganz eigene Agenda verfolgt … Inzwischen weiß ich, dass das wohl eine Trilogie wird, und auch wenn ich seit drei Jahren nicht an der Geschichte geschrieben habe, will ich das für 2023 definitiv ändern.

Die Neunte Träne
Genre: Retro-Fantasy
Neun Tränen weinten die Götter, als Kalva Lal erschlug. Neun Tränen, die über die ganze Welt verteilt wurden, als der Dieb Siru in den Himmel eindrang, um sie zu stehlen. Viele Jahre später hängt Siru als Mond im Himmel, und die Götter sind ebenso verschwunden wie ihre Tränen, als sich eine Gruppe ungleicher Helden auf die klassischste aller Sammelquesten macht: Andreu, der Totenbändiger, aka Nekro-Andi, hat dem verkrachten Dieb Kamu die Hand der verstorbenen Meisterdiebin Arnnis Zwölffinger an den Armstumpf gezaubert, und Arnnis, deren Geist damit nicht einverstand ist, schließt sich der Gruppe an, damit die Göttertränen sie ins Leben zurückbringen können. Und die arme Küchenmagd Kell ahnt noch nicht, welche Rolle sie selbst in dem ganzen spielt … Fantasy im Stil der 90er, with a twist, und der Auftakt zu einer neuen Reihe, mit der ich ein paar Jahre Spaß zu haben gedenke. Stolzer Preisträger des PAN-Stipendiums 2021, habe ich mich jetzt mit dieser wunderschönen Baustelle versöhnt und plane, den ersten Band der geplanten Tetralogie 2023 fertigzustellen.

Owls End
Genre: Gaslicht Fantasy
Mein anderer Nano-Roman von 2020 war ein voller Erfolg. Ein heruntergekommenes Herrenhaus, steinerne Eulen, ein leerer Kinderwagen, der durch den Park geschoben wird, und ein kleines Mädchen, das drei Fragen stellt und wieder verschwindet: Owls End hat alles, was ein Gaslichtroman braucht. Es hat aber auch Adelia Borrell, eine junge Frau, die im Jahr 1896 nach ihrer sexuellen Identität sucht, und Gracie, die ihr zwar auf der einen Seite hilft, ihren Körper und ihr Verlangen zu verstehen und akzeptieren, aber auf der anderen Seite ihre eigenen Pläne für Adelia hat … und Feen. Es gibt auch wieder Feen. Das Buch ist schon ziemlich weit gediehen, hat Aussicht auf eine Veröffentlichung, und soll Anfang 2023 dann endlich fertig werden.

Sturmtrinker
Genre: Postapokalyptische Fantasy
Im Nano 2021 musste ich leider, es ging nicht anders, dieses Projekt früh fallenlassen, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Grigori hat die Gabe, unkontrollierbare Stürme zu entfesseln – was in einer Welt, die bereits auch so von unkontrollierbaren Stürmen beherrscht wird, ziemlich obsolet ist. In seiner magisch abgeschirmten Stadt ist für ihn und seine Gabe jedenfalls kein Platz, sie muss ein Geheimnis bleiben und tut das natürlich nicht für immer. Grigori liebt Stürme, und den Ballettänzer Taman, in dieser Reihenfolge, er ist antisozial und zornig und ein trotzdem erstaunlich sympathischer Charakter geworden. Es gibt gepanzerte Karawanen, schwergerüstete Räuber, mächtig viel Wind und explosives Grubengas in einer Geschichte, die mir noch nicht verrät, was sie mit mir vorhat, und mich darum um so mehr fasziniert. Muss nicht fertigwerden, nur Fortschritte wären schön.

Die Traumstadt
Genre: Noir Fantasy
In einer Stadt voller Alpträume kämpft ein verkrachter Magier gegen den Tod, höfische Intrigen, und um bessere Drogen. Seit 2016 schreibe ich mit Liebe an diesem Buch, und 2020 soll es bloß nicht fertigwerden, ich will mehr davon haben, ich liebe dieses Buch und mag es nicht gehen lassen. Inzwischen ist Sandro sein Silberkorn los und bereit, seinem Geliebten Ravid in die Tiefen des Traumes nachzufolgen, und ich lasse einfach auf mich zukommen, wie es weitergeht. Sandro wird Sex haben, Drogen nehmen und zu oft beinahe sterben, aber so ist er nunmal, Sandro verbockt es und ich laufe mit dem Schreibblock hinter ihm her, und so muss es sein. Da dieses Buch jetzt in sein siebtes Jahr eintritt, wird es Zeit, hier mal auf ein Ende zuzusteuern – zumindest des ersten Teiles. Und die zweite Hälfte tüchtig plotten.

Wie Haut so kalt
Genre: Contemporary Fantasy
Eine Jugendstrafe verhindert, dass Varda na Kavret der Familientradition folgen und als Mnemomant vor Gericht die Erinnerugen von Angeklagten auslesen darf. Stattdessen findet er mit seiner Gabe Arbeit im Bestattungswesen: Dort wird den Toten ihre Lebensgeschichte auf den Leib tätowiert, damit man im Totenreich weiß, wer sie waren, und die Unbekannten, Namenlosen landen dann bei Varda. Doch die Erinnerungen der Toten sind schwere Kost, und als dann auch noch die Kriminalpolizei seine Hilfe will, einen Serienmörder zu finden, droht Varda unter der Belastung zusammenzubrechen. Und auch die Geheimnisse seiner Familie meinen, es ist an der Zeit, sie aufzuklären … In diesem Buch passiert viel, und das wenigste davon ist geplant. Varda ist herrlich kaputt, das Buch ist es nicht, und ich hoffe, 2023 wird es fertig.

Works in Waiting

Bücher in Wartestellung – Sachen, an denen ich lange nicht mehr oder noch nie richtig gearbeitet habe und für die ich Zeit habe, wenn ich endlich diese fast fertigen Brocken aus dem Weg geräumt habe.

Alibi für einen Geist
Genre: Kriminalgroteske
Allison Ellisson möchte ihren Namen gerne auf einem Buchcover lesen. Orion West bevorzugt es, wenn man ihn für verrückt hält. Und den Toten im verschlossenen Raum kann nur ein Geist auf dem Gewissen haben. Bloß, wenn der Geist ein Alibi hat, wer war es dann? Wenn ich in die Vergangenheit reisen will, komme ich um dieses Buch nicht herum: Ein Amalgam aus zwei Krimireihen meiner Jugend und einem Roman, der fast dreihundert Seiten lang wurde, ohne mir seinen Mörder zu verraten, um mehr als fünfundzwanzig Jahre nach seinem großen Scheitern endlich eine Krimiautorin aus mir zu machen. Und dass ich immer noch nicht weiß, wer es war oder wie, gedenke ich diesmal zu meinem Vorteil zu nutzen.

Klagende Flamme
Genre: High Fantasy
Geplant ist die Wiedergeburt eines halben Romans von 2004 – für die ich erstmal alles, was ich habe, in die Tonne kloppe, nicht nur den eigentlichen Text, sondern auch Plot und Hauptfiguren. Weil man 2021 nicht eine tolle, pseudo-afrikanische Welt entwirft mit einer wirklich schönen Mythologie, und dann zwei weiße Kolonialistensöhne dazu bestimmt, die Probleme der einheimischen Götter zu lösen. Nichts für ungut, Byron und Jarvis, aber ich habe beschlossen, dass meine Welt keine Kolonialherren braucht, und ihr habt in dieser Geschichte nichts mehr verloren. Lharkan und Telya schaffen das auch ohne euch. Ich habe nicht wirklich viel Plot, aber meiner Agentin gefiel das Potenzial der Geschichte, und dann schaue ich mal, wie gut sich das in Version 2 so schreiben lässt.

Lichtland
Genre: High Fantasy
Manche Bücher sind nicht totzukriegen, so auch mein Nano-Roman von 2007. Den habe ich 2015 komplett neu angefangen und wieder vor die Wand gefahren, aber Totgeglaubte leben länger. In einer Welt, in der Licht und Dunkel absolut sind, ahnt Nomi, dass er der Auserwählte ist, der das Ganze wieder in Ordnung bringen soll – nur haben vor allem die hellen Länder gar kein Interesse daran, etwas am Status Quo zu ändern. Zusammen mit dem enigmatischen Flötenspieler Shen und seinem eigenen Schatten bricht Nomi auf, um zumindest das Geheimnis seiner Herkunft zu ergründen, aber er ahnt nicht, dass er selbst nur im Licht existieren kann und ein anderer wird, sobald ihn das Dunkel auch nur berührt … Wäre echt schön, aus diesem Buch endlich mal was richtiges zu machen, und irgendwann mal etwas Fertiges!

Die Schmetterlingsspur
Genre: Mystery Thriller
Verschwundene Kinder. Schmetterlinge. Ein Haus am Grund eines Stausees. Eine junge Frau, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Ein Familienfluch. Ein dunkler Fremder. Ich bin überzeugt, da kann man was draus machen. Und über allem schwebt der Fall von Janice Pockett, einem realen kleinen Mädchen, das in den Siebzigern spurlos verschwunden ist. Es tut mir leid, ihren Fall für meine Geschichte auszuschlachten, solange es noch eine Familie gibt, die nach ihr sucht. Aber ich will dieser Geschichte trotzdem eine Chance geben. Wenn nochmal jemand ein romantisches Herrenhaus von mir haben will, wäre es schön, etwas in der Hinterhand zu haben.

Tinte und Rauch
Genre: Urban Fantasy Gaslight Thriller
Im London der 1890er leiden verbannte Feen unter Rauch, Ruß und ihren menschlichen Wirtskörpern. Leroc, ehemals Nachtfeder von der Rabengarde, stolpert über eine übel zugerichtete Leiche und hängt gleich tiefer drin, als ihm lieb ist – ein Nachtmahr geht um in St. Giles Rookery, ein böser Traum, und die Spuren fühen zum Aschehof, jenem Bund abtrünniger Feen, mit denen sich Nachtfeder folgenschwer eingelassen hat. Wie gut, dass er in einer Opiumhöhle arbeitet, wo ihm wenigstens die schönen Träume freihaus geliefert werden und er in dem schwindsüchtigen Dichter Lucian mehr als nur Zerstreuung findet. Aber auch Lucian ist nicht, was er scheint – und nicht einmal mehr lebendig … An meinem zweiten Nano-Roman von 2018 schreibe ich sporadisch weiter, wenn mir gerade danach ist. Er hat keine hohe Priorität, aber dafür um so mehr Blut.

Die vierte Wand
Genre: Kinderbuch
Fox und ihre Familie leben in einer großen alten Villa, und sie wundern sich nicht über ihr Leben – dass sie niemals das Haus verlassen, dass es keinen Besuch gibt, dass die Zeit stillzustehen scheint … Dann erhält Fox ein geheimnisvolles Buch, das anders ist als alle anderen im Haus, denn darin stehen Wörter, und plötzlich fängt sie an, Fragen zu stellen, was außerhalb des Hauses liegt. Fox klettert aus dem Fenster ins Freie – und steht in einem Zimmer, das aussieht wie ihr Kinderzimmer, neben einem Puppenhaus, das aussieht wie ihr Puppenhaus, und sie versteht, dass sie dorther kommt, dass sie ihr Leben in einem Puppenhaus verbracht hat. Ihr abenteuerlicher Weg führt sie in immer neue Varianten des selben Hauses, bis sie sich nach dem achten Haus zurück bei ihrer Familie findet, ohne dem geheimnisvollen Draußen auch nur einen Schritt nähergekommen zu sein – bis sie versteht, was nie gestimmt hat, im Augenwinkel so offensichtlich, dass jeder im Haus dabei mechanisch weggesehen hat: Jedes Zimmer hat nur drei Wände …

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