Toxic Love

Vor bald vierundzwanzig Jahren begann die Arbeit an den  »Chroniken der Elomaran«. Das erste Buch, »Engelsschatten«, entstand von Februar bis Oktober 2000, und ich habe nie wieder etwas für so eine klar benannte Zielgruppe geschrieben. Meine Zielgruppe waren meine beiden Mitbewohnerinnen. Ich schrieb nahezu jeden Tag an dem Buch, und abends in der WG-Küche erzählte ich, was im Buch passiert war, was ich noch zu schreiben geplant hatte, und holte mir meinerseits Anregung, wie es weitergehen sollte. Meine Mitbewohnerinnen durften Wünsche für den Fortgang der Geschichte äußern, und ich bemühte mich, das dann so umzusetzen, dass es uns allen dreien gefallen sollte. Und ein Wunsch, der sich sehr früh rauskristallisierte, war, dass Halan und Alexander ein Paar werden sollten.

Ich war, was das anging, selbst erst einmal skeptisch. Mein Problem war nicht, dass ich mir nicht vorstellen konnte, schwule Hauptfiguren zu haben – im Gegenteil. Ich wusste damals längst, dass ich bi bin, ich fand, wir brauchen mehr queere Figuren in Büchern, was damals wirklich noch ein rechte Seltenheit war, und ich hatte auch vorher schon ein schwules Liebespaar auftreten lassen. Auch, dass die beiden verwandt sind – Alexander, der jüngere der beiden, ist tatsächlich Halans Onkel – , sah ich nicht als großes Hindernis.… Weiterlesen

Pflegeleicht trans

Zweieinhalb Jahre ist es jetzt her, seit ich mich in diesem Blog als trans/genderfluid offenbart habe, und seitdem sind einige Dinge passiert – genug Dinge, um jetzt das Thema noch einmal aufzugreifen und zu erzählen, wie es danach weitergegangen ist.

Vieles hat sich nicht geändert. Manchmal bekomme ich eine Mail, die mich mit »sehr geehrte:r Maja Ilisch« anredet, und dann freue ich mich ein bisschen, weil sich da jemand Gedanken gemacht hat und sich auf mich vorbereitet – aber ich fühle mich dann auch irgendwie schlecht, weil ich jemandem Aufwand und Umstände bereitet habe. Und Aufwand und Umstände sind auch das Hauptthema dieses Artikels.

Mir war es wichtig, meine Geschlechtsidentität bekannt zu machen, um aus der Frauenschublade rauszukommen, das war mir ein Anliegen – aber ich betrachte diese Identität als eine so persönliche Sache, dass ich auch nicht wollte, dass sie eine Auswirkung auf andere haben sollte. Da wollte ich ein ganz pflegeleichter trans Mensch sein. Habe also allen Leuten versichert, dass sich für sie nichts ändert, dass ich ja jetzt nicht ein anderer Mensch werde, sondern nur sein will, wer ich schon immer war. Ich habe meinen weiblichen Namen behalten, ich höre weiterhin auf weibliche Pronomen und Artikel, ich will es allen ganz, ganz einfach machen, in der Hoffnung, dass es ihnen dann ohne große Umstellung leichter fällt, mich zu akzeptieren …

Und so habe ich auf sehr viele Menschen Rücksicht genommen, nur nicht auf den einen, auf den es ankommt: Mich selbst, nämlich.… Weiterlesen

Das richtige Ende, das falsche Buch

Wenige Wochen, nachdem ich wieder mit dem aktiven Bloggen angefangen und meine Liste der in diesem Jahr hoffentlich fertigzustellender Bücher vorgestellt habe, kann ich jetzt den ersten Erfolg vermelden: Endlich mal wieder ein »Ende« unter dem Manuskript. Nur ist es nicht das Manuskript, auf das Leser, Agentin und Verlag warten. Keine Sorge, ich komme gut voran mit meinem »Gefälschten Land« (abgesehen von einem blöden Plotloch, das sich in den letzten Tagen aufgetan hat), aber fertig sind jetzt trotzdem erst einmal die »Stadtkinder«.

Und das ist insofern gut, als dass dieses Buch schon im Sommer 2019 so gut wie fertig war und dann noch mal anderthalb Jahre gelegen hat, weil ich nicht wusste, wie ich den Schluss gestalten sollte. Kein neues Phänomen bei mir: Das hatte ich schon bei »Geisterlied«, das war so beim »Glasaugenhaus« – wenn ich den Luxus habe, dass niemand auf ein Buch wartet und keine Deadline dran hängt, ist mir wichtiger, dass der Schluss rundum gelungen ist, als das Buch um jeden Preis fertigzubekommen. Nur ohne den Druck, dass jemand auf das Buch wartet, fehlt mir dann auch oft die Motivation, mich überhaupt wieder damit auseinanderzusetzen …

»Stadtkinder«, ein Buch, das im Nanowrimo 2017 begonnen wurde, ist ein dystopisches bzw.… Weiterlesen

Hashtag #nichttransgenug

Ja, die guten Vorsätze. Jede Woche ein neuer Blogartikel, und schaut nur, hier ist schon der zweite. Ich hatte damit gerechnet, dass es zum ersten einen Nachfolgeartikel geben würde, nur nicht unbedingt, dass es so schnell gehen würde. Aber als ich vor ein paar Tagen den Artikel veröffentlicht hatte, in dem ich bekanntgab, dass ich transgender bin, hatte ich durchaus die Hoffnung, dass der dann als Quelle herangezogen werden könnte, die Kategorie »Frau« aus meinem Wikipedia-Profil zu tilgen.

Fangen wir mal mit dem Grundsätzlichen an: Die Praxis der deutschsprachigen (und nur der deutschsprachigen!) Wikipedia, Personenartikel grundsätzlich den Kategorien »Mann« oder »Frau« zuzuordnen, ist Schwachfug. Lasst es mich auf bibliothekarischer Basis erklären: Die Kategorien dienen der Auffindbarkeit eines Artikels nach inhaltlichen Kriterien. Im Idealfall kann ein Artikel dann unter jedem Begriff, unter dem Leute danach suchen könnten, gefunden werden. Und genau das ist der Knackpunkt: Begriffe, unter denen Leute suchen . »Hey, Wikipedia, zeigt mir mal, welche Promis aus Dortmund kommen!« ist ein valider Suchbegriff. Auch nach Geburtsjahren wird sicher gesucht.

Aber wer geht in die Wikipedia, um Artikel über Männer zu finden? Die Kategorisierung nach »diese Hälfte der Weltbevölkerung« und »jene Hälfte der Weltbevölkerung« ist quatsch, weil niemand so sucht. Natürlich ist diese Verschlagwortung in den meisten Fällen durchaus zutreffend – aber Wikipediaartikel werden auch nicht nach Augenfarbe kategorisiert, obwohl auch die in meinem Personalausweis angegeben ist, oder nach Körpergröße – warum muss dann ein geschlechtsabhängiger Eintrag her?

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Links, rechts, cis, trans, Mann, Frau, Mensch

Guter Vorsatz fürs neue Jahr: Endlich wieder bloggen. Ist ja nicht so, als ob ich nichts zu sagen hätte, und seit ich ein veröffentlichter Autor bin, gibt es auch tatsächlich Leute, die mir mal zuhören … Ich hatte das Übliche geplant, einen Rückblick auf das Jahr 2020, das auch für mich alles andere als positiv verlaufen war, und dann einen optimistischerer Ausblick auf 2021 … Stattdessen sitze ich jetzt hier und schreibe einen Artikel, der nicht so zeitkritisch ist wie ein Jahresrückblick, den ich im Kopf schon seit einigen Jahren immer wieder formuliert und doch nie geschrieben habe, und der mir gerade wichtiger ist als Rückblicke oder Ausblicke. Ich will das Jahr damit beginnen, mit mir selbst ins Reine zu kommen, und offen aussprechen, was ich schon ziemlich lange weiß. Ich bin transgender.

Ich war acht, neun Jahre alt, als ich zu meiner Mutter ging und ihr sagte, dass ich ein Junge sein wollte. Und sie schaute mich an und sagte: »Warum denn? Alles, was ein Junge kann, kannst du auch als Mädchen, und lass dir von niemandem sagen, dass du ein Junge sein müsstest, um so zu sein, wie du bist.« Und damit hatte sie natürlich recht. Ich bin in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem ich ich sein durfte und in meinen verschlissenen Latzhosen auf Bäume klettern und mit meinen Playmobilseeräubern spielen, ohne jemals »Ein Mädchen tut sowas nicht« zu hören zu bekommen.

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Warum ich keine Schwulenbücher schreibe

Als ich neulich den Artikel geschrieben habe über den chronischen Alkoholismus meiner Protagonisten, hätte ich natürlich ein weiteres Element erwähnen müssen, das sich wie ein roter Faden durch meine Geschichten zieht: Ich habe einen ziemlich hohen Anteil homosexueller Figuren. Das sollte in der heutigen Zeit kein Problem mehr sein, wo Homosexualität auch überall sonst in den Medien präsent ist. Es gibt sogar eigene Verlage für schwule Literatur, und könnte ich da nicht eine perfekte Nische finden für Figuren wie Alexander aus den Chroniken der Elomaran oder Percy, der in der Schattenuhr zu seiner eigenen Verwunderung nicht nur mit einem Mann im Bett landet, sondern auch noch realisieren muss, dass das nicht sein erstes Mal war. Ich könnte da sogar den von mir favorisierten Schluss des Puppenzimmers unterbringen, in dem es am Ende eine süße Romanze zwischen Florence und Lucy gibt. Aber das will ich nicht. Ich schreibe keine Schwulenbücher, ich schreibe keine Heterosexuellenbücher, noch nicht einmal Bisexuellenbücher – ich schreibe Bücher. Punkt.

Auch wenn ich ganz traditionell einen Mann geheiratet habe, werde ich mich auch weiterhin für die Rechte von Schwulen und Lesben stark machen – oder, wie das heute so schön heißt, LGBTQs, um auch ja niemanden auszulassen – und dazu gehört für mich auch das Recht, in ganz normalen Büchern und Filmen präsent zu sein und nicht nur in Schwulenbüchern und -filmen.… Weiterlesen

Endlich Fee!

Wenn es eine Sache gibt, mit der ich hadere, sind das Mädchen-bekommt-Jungen-Happyends. Dabei bin ich kein Gegner von liebevollen Beziehungen, bloß nicht, ich lebe selbst in einer. Und ich glaube auch nicht, dass Romanheldinnen nicht das Recht auf eine glückliche Partnerschaft haben. Ich finde nur, dass sie nicht dazu gezwungen werden dürfen, nur weil irgendwelche Genre-Konventionen das vorsehen. Schon bei Geigenzauber habe ich versucht, ein Ende herbeizuführen, bei dem Mia am Ende stolz und frei in den Sonnenuntergang reiten sollte – nur dass sie dann doch sehr wahrhaftig verliebt war und ihren Branwell haben wollte, den sie dann auch bekommen hat. Aber jetzt, beim Haus der Puppen, und wieder habe ich eine Chance, gegen alle Normen zu verstoßen – alles, was mir dafür fehlt, ist ein Plot. Oder besser: War. Denn stand ich gestern noch ganz ohne da, ist nun, eine weitgehend schlaflose Nacht später, alles in Butter mit dem Plot. Und ich bekomme endlich das unkonventionelle Ende, nach dem ich mich gesehnt habe.

Eigentlich sieht alles ganz einfach aus: Florence entscheidet sich, ein Mensch zu bleiben, und findet an dem knackigen Feenjäger Alan mehr als nur eine Schulter zum Anlehnen. Nur was dabei fehlt, ist der Konflikt. Meine Freundin Aryana hatte Recht: Solange es für Florence keinen Grund gibt, warum sie Fee werden sollte, ist die Entscheidung keine.… Weiterlesen