Ein Abschied auf Zeit

Ich habe mal gezählt: In der Zeit, seit ich dieses Blog schreibe, habe ich gerade den sechsten Roman fertiggeschrieben. Das ist, finde ich, eine stattliche Leistung – immerhin blogge ich hier erst seit knapp zwei Jahren, das macht also drei Romane pro Jahr. Wenn ich also mal vom Schreiben leben sollte, geplant ist es ja, wird es nicht an der Produktivität scheitern. Das war früher immer mein Totschlagargument: »Ich möchte nicht vom Schreiben leben müssen, weil ich dann gezwungen wäre, auf Kommando zu schreiben, und es keinen Spaß mehr machen würde.« So pauschal kann ich das längst nicht mehr sagen. Der Spaß geht verloren, wenn man unter Zeitdruck etwas schreiben muss, hinter dem man nicht voll und ganz steht, so wie mir das mit Richterin Barbara Salesch gegangen ist. Aber drei Romane, die ich liebe, kann ich in einem Jahr fertig schreiben. Wenn sie nicht zu lang sind, heißt das. An der Schattenuhr habe ich ein gutes halbes Jahr gearbeitet, nahezu ausschließlich, das drückt natürlich den Schnitt. Aber das Buch hat 666 Normseiten (nicht dämonisch beabsichtigt, sondern Zufall), und bei der Länge darf man ruhig mal etwas länger brauchen.

Also, das zweite Buch Percy ist endlich fertig. Zwischendurch gab es Durststrecken, was den Plot anging; ich war kurz davor, alles in die Ecke zu pfeffern und habe meiner Agentin schon erklärt, dass das Buch sicher ganz und gar unverkäuflich sein wird, aber letzten Endes mag ich das Ergebnis doch sehr.… Weiterlesen

Die Stille vor dem Schluss

Wenn es eine Sache gibt, die ich beim Schreiben fürchte, dann sind es dramatische Finale. So schnell kann man ein bis dahin gut gelungenes Buch mit einem verkorksten Schluss ruinieren, und ich kenne zu viele Beispiele von Romanen, wo genau das passiert ist – was dafür spricht, dass so etwas dem Leser im Gedächtnis bleibt. Im Nachhinein habe ich nicht nur bei meinem ersten fertiggestellten Roman Eine Flöte aus Eis den Schluss komplett in den Teich gesetzt, was ich mir bei einem Erstling ja noch verzeihen könnte, sondern auch bei späteren Geschichten den Kampf mit dem Schluss nicht unbedingt gewonnen, zum Beispiel bei der Spinnwebstadt und der Gauklerinsel. Bis heute weiß ich in beiden Fällen nicht, wie ich es besser machen könnte. Und jetzt wiederholt sich das Spiel, während ich bei der Schattenuhr in den letzten Zügen liege. Es ist mir gelungen, ein leidlich dramatisches Showdown hinzubekommen, über zwei Kapitel gestreckt, um ihm den nötigen Platz einzuräumen, aber Actionlastiges ist nicht meine starke Seite, und die Szene, in der ein Geist in Howards Wohnzimmer wütet und versucht, Percy umzubringen, findet ebenso überwiegend off-camera statt wie ein dramatisches schwarzmagisches Ritual, bei dem ich nicht zu sehr ins Detail gehen mochte.

Da ich meine Schwächen kenne, ist es sicher besser, wenn ich etwas schummele, als dass ich komplett ins Klo greife und Szenen abliefere, bei denen am Ende gar nichts mehr stimmt.… Weiterlesen

Ich und mein Elf

Dass ich ein leidenschaftlicher Computerspieler bin, ist ja kein Geheimnis – während ich meinen Laptop fast ausschließlilch zum Schreiben benutze, ist der große Rechner mehr ein Spiel- denn ein Arbeitszeug. Aber während ich schon viele Nächte in meinem Leben durchgezockt habe, vorzugsweise mit Diablo II oder World of Warcraft, ist es mir noch nie im Leben passiert, dass ein Computerspiel die Kontrolle über mein Leben übernommen hätte – niemals, bis jetzt. Schuld ist ein Rollenspiel mit Namen Dragon Age: Origins. Normalerweise finde ich die Bezeichnung »Rollenspiel« für ein PC-Spiel vermessen: Ich bin als Pen-and-Paper-Rollenspielerin gewöhnt, Handlungsfreiheit zu haben, eigene Entscheidungen zu treffen, mit anderen zu interagieren und die Persönlichkeit meines Charakters prägen zu können, während ich am PC nur mit Glück das Aussehen des Helden verändern kann oder sehr vage Entscheidungen treffen, die wenig Auswirkungen auf den Ausgang des Spieles haben. Es ist einfach zu viel vorgegeben, als dass ich mich frei bewegen und entfalten könnte.

Auch Dragon Age hat einen Plot, in dem ziemlich viel vorgegeben ist, man kann sich nicht dafür entscheiden, den Erzdämon zum Teufel zu schicken und sich lieber als Schneider zur Ruhe zu setzen, und doch hat man mehr Möglichkeiten, das Spiel zu prägen als anderswo.… Weiterlesen

Tag Acht: Alles eine Frage der Schublade

Hereinspaziert, hereinspaziert, meine Herrschaften, es ist wieder einmal Fragebogen-Zeit! Und diesmal sind wir angekommen bei bei Frage Nummer
8. Welches Genre schreibst du am Liebsten? Welches liest du?

Ich denke, ich muss kein großes Geheimnis daraus machen, dass das Genre, in dem ich mich am wohlsten fühle, wohl die phantastische Literatur ist. Auch wenn ich viele Romane aus den letzten zehn Jahren noch nie in der Hand hatte, bedingt durch die Tatsache, dass ich grundsätzlich weniger lese als früher, und weder den Herrn der Ringe, noch Twilight, noch das Finale von Harry Potter, noch sonst irgend einen der aktuellen Bestseller gelesen habe, mag ich das Genre doch noch immer ganz gerne. Vielleicht bin ich der High Fantasy inzwischen etwas überdrüssig, bedingt durch allzu große Leseexzesse in den Neunzigern, und mit allzu viel Schwulst kann ich ebensowenig anfangen wie mit stumpfem Metzeln, trotzdem übt diese Literatur einen Zauber auf mich aus, der mich immer wieder mal zu packen bekommt. Auch schreibtechnisch fühle ich mich da am wohlsten, wenn es mir auch schwer fällt, Episches zu beschreiben und meine Kampfszenen durch die Bank lausig sind.

Mein zweites Lieblingsgenre, und eines, das mir noch nie aus den Ohren rausgekommen ist, sind klassische Krimis. Keine Thriller, sondern Krimis à la Dorothy Sayers, Margery Allingham oder Agatha Christie, zum Mitknobeln und mit Toten in allen Lebenslagen.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Alibi für einen Geist«

Wie ich schon in meinem letzten Beitrag zum Thema Genres schrieb und auch schon das eine oder andere Mal davor, wollte ich immer eine Krimiautorin werden. In keinem Genre, noch nicht mal in der Fantasy, habe ich soviel gelesen, bin mit allen Mustern und Techniken vertraut und mit den Klassikern aufgewachsen. Ich kenne S.S. van Dines Regel des fünften Kapitels, habe erweiterte Kenntnisse in Sachen Toxikologie und Gerichtsmedizin, kenne die meisten Serienmörder der letzten zweihundert Jahre mit Vor- und Nachname und selbstverständlich ihren Lieblingsmordmethoden. Man kann sagen, ich bin ein rechter Nerd, wo es um Tote geht, und gepaart mit meinem schriftstellerischem Talent liegt eigentlich nichts näher, als das Ganze zu kombinieren und mir mein Brot als Krimiautorin zu verdienen. Theoretisch. Denn zwischen mir und diesem Ziel steht ein Hindernis, oder besser gesagt, liegt eine Leiche: das Romanfragment Alibi für einen Geist.

Das Buch war nicht mein erster Versuch, einen Krimi zu schreiben, und auch nicht mein letzter, aber derjenige, der in Sachen Seitenzahl am weitesten fortgeschritten ist – lange Zeit war es mein längster zusammenhängender Text überhaupt. Mehr als zweihundertsiebzig handschriftliche Seiten sind schon ein Brocken, und auch heute, wo ich auf eine ganze Reihe abgeschlossener Romane zurückblicken kann, hat ein Buch, das diese Länge erreicht, den Point of no Return eigentlich überschritten, und wenn es dann doch liegenbleibt, ist das sehr traurig.… Weiterlesen

Heureka!

Es gibt diese Momente, da lösen sich alle Probleme plötzlich einfach in Wohlbefallen auf. So ist es mir gerade ergangen, nachdem ich mich seit Wochen mit den Plotproblemen der Schattenuhr rumschlage, zwei Wochen lang gar nichts geschrieben habe, und darüber hinaus eine persönliche Krise durchmache, die so rein gar nichts mit dem Schreiben zu tun hat. Aber heute hatte mir das Wetter schwer zu schaffen gemacht, morgen bin ich auf einer Cocktailparty eingeladen, was bedeutet, dass ich das Haus verlassen muss, und ich hatte ein Bad wirklich verdient, also warf ich den Boiler an und begab mich an den Ort, wo Milch und Honig fließen (das ist mein Badezusatz – nicht besonders toll vom Geruch her, aber die Haut verträgt es, und sie hatten nun mal nichts mit Rosenblütenblüten im Kaiser’s. Muss dringend bei der Chaosqueen luxeriösen Badezusatz bestellen!). Und wie ich so in der Wanne lag und schier ertrank in den Schaumbergen, begriff ich plötzlich, dass mein Plotproblem sich ganz einfach lösen lässt.

Letztlich läuft es im Moment mit Percy auf genau die gleiche Situation hinaus, in der ich auch Mia am Ende von Geigenzauber hatte: Er will ein Happyend. Mit Howard. Ja, Howard ist ein Schwarzmagier, Howard hat ihn belogen, Howard hat ihn ausgenutzt – aber er ist nun mal Percys große Liebe (das, oder der Sex ist wirklich gut, ich habe ihn da nicht bis ins Detail ausgefragt).… Weiterlesen

Alte Ideen, neue Ideen

Während ich mich mit der Schattenuhr immer noch in literarischen Krämpfen winde, nur schleppend vorankomme und immer noch nicht ganz entschieden habe, ob ich mit dem Produkt bis jetzt zufrieden bin oder nicht, ist zumindest in meinem Hinterkopf eine Menge los. In weniger als einer Woche haben nicht weniger als vier Projekte an meine Tür geklopft – zwei alte Bekannte und zwei neue Freunde – und wollen alle ihr Stück von meinem Kreativitätskuchen abhaben. Ich musste sie erst einmal vertrösten, ich werde nicht die Schattenuhr beiseitelegen, weil ich fürchte, dass ich dann nie wieder in die Geschichte reinkomme, so wie ich im letzten Jahr Das Gefälschte Herz letztlich vor die Wand gefahren habe, aber dann bin ich bereit für alte und neue Ideen. Hier ist eine Kurzfassung dessen, was vorstellig geworden ist:

Das erste ich mehr eine rohe Idee als ein Konzept. Ich bin ja kein Fan von historischen Romanen, aber ich dachte, man könnte mal ein Buch über Elisabeth Tschech schreiben, die Tochter des Bürgermeisters Tschech, der 1844 ein Attentat auf König Friedrich Wilhelm IV. verübte. Elisabeth, achtzehn Jahre alt zum Zeitpunkt, als ihr Vater hingerichtet wurde, hat nicht nur ein Buch über sein Leben geschrieben, sondern war so sehr seinem revolutionären Geist verbunden, dass sie fortan selbst als gefährlich galt und überwacht wurde.… Weiterlesen

Darf’s ein bisschen wirr sein?

Ich mag meine Plots komplex und undurchsichtig, als Leser wie als Autorin. Seit jeher bin ich sehr gut darin, die Absichten eines Autors zu durchschauen und mit erstaunlicher Treffsicherheit schon früh in der Handlung den Mörder zu nennen. Das gibt natürlich immer ein paar Gummipunkte, aber lieber ist es mir, überrascht zu werden, gar überrumpelt. Ein Beispiel für einen Film, der das geschafft hat, wäre »Snatch«, und wenn ich versuchen sollte, dessen Inhalt in einem Satz nachzuerzählen, müsste ich die Segel streichen. Blöd nur, wenn ich als Autorin beim Versuch, ein vergleichbar komplexes Vexierspiel aufzuziehen, mich in meinen eigenen Stricken verheddere. Und woran habe ich es gemerkt? Daran, dass ich den Plot der Schattenuhr nicht in einem Satz zusammenfassen kann. Angefangen damit, dass ich zwei Handlungsstränge habe, die nur wenig Berührungspunkte haben, dazu die Rahmenhandlung, und einen Helden, der gleichzeitig Detektiv, Opfer und Traumaträger ist – das klingt schon nach viel, und das ist es auch.

Im allerersten Plotentwurf war Howard – Mr. Eugene Howard, im weiteren Verlauf nur „Howard“ genannt, um ihn von seinem Vetter, Mr. Ambrose Howard, alias „Rosie“, zu unterscheiden – durch und durch ein Schurke: Ein Schwarzmagier, der Percy benutzt, um durch ihn an Geister heranzukommen, mit deren Hilfe er die Häuser ausspionieren will, in denen er die verschwundene Schwarzmagische Bibliothek seines Ahns vermutet, noch ein Howard, für dessen Geschichte ich bis in die Zeit von Heinrich dem Achten und seiner fünften Ehefrau, Catherina Howard, zurückreisen muss.… Weiterlesen

Warum ich keine Schwulenbücher schreibe

Als ich neulich den Artikel geschrieben habe über den chronischen Alkoholismus meiner Protagonisten, hätte ich natürlich ein weiteres Element erwähnen müssen, das sich wie ein roter Faden durch meine Geschichten zieht: Ich habe einen ziemlich hohen Anteil homosexueller Figuren. Das sollte in der heutigen Zeit kein Problem mehr sein, wo Homosexualität auch überall sonst in den Medien präsent ist. Es gibt sogar eigene Verlage für schwule Literatur, und könnte ich da nicht eine perfekte Nische finden für Figuren wie Alexander aus den Chroniken der Elomaran oder Percy, der in der Schattenuhr zu seiner eigenen Verwunderung nicht nur mit einem Mann im Bett landet, sondern auch noch realisieren muss, dass das nicht sein erstes Mal war. Ich könnte da sogar den von mir favorisierten Schluss des Puppenzimmers unterbringen, in dem es am Ende eine süße Romanze zwischen Florence und Lucy gibt. Aber das will ich nicht. Ich schreibe keine Schwulenbücher, ich schreibe keine Heterosexuellenbücher, noch nicht einmal Bisexuellenbücher – ich schreibe Bücher. Punkt.

Auch wenn ich ganz traditionell einen Mann geheiratet habe, werde ich mich auch weiterhin für die Rechte von Schwulen und Lesben stark machen – oder, wie das heute so schön heißt, LGBTQs, um auch ja niemanden auszulassen – und dazu gehört für mich auch das Recht, in ganz normalen Büchern und Filmen präsent zu sein und nicht nur in Schwulenbüchern und -filmen.… Weiterlesen

Tag Sieben: Nicht ohne meine Mucke

Mein Blog schleppt sich gerade etwas langsam vor sich hin, nicht, weil ich gerade so wenig schreibe, sondern weil ich es so viel tue, dass zum Bloggen gerade nicht viel Zeit bleibt. Trotzdem, es ist einmal wieder soweit, dass ich mir die nächste Frage von unserem allseits beliebten Dreißig-Tage-Fragebogen vornehme, und wir sind schon angekommen bei
7. Hörst du Musik beim Schreiben? Was für welche? Hast du Lieder, die genau zu deinen Figuren passen?

Meine Mutter dürfte das jetzt nicht sehen, zum Glück liest sie meine Blogs nicht, aber sie war schon immer dagegen, dass ich beim Arbeiten Musik höre. Gut, das stammt aus dem Jahr 1981 und bezieht sich auf meine Hausaufgaben, aber das Argument dahinter ist der gleiche: Wer geistige Arbeit leistet, muss sich dabei konzentrieren und soll sich nicht ablenken lassen, erst recht nicht durch Musik (dass ich manchmal beim Schreiben fernsehe, soll sie noch weniger erfahren, aber danach wird hier ja nicht gefragt). Tatsache ist, wenn ich keine Hintergrundbegleitung habe, kann ich nicht gut schreiben. Für mich ist Musik – die richtige Musik, versteht sich – das weiße Rauschen, dass ich brauche, um nicht ständig abgelenkt zu werden, mir andere Gedanken zu machen oder sonstwie abzuwandern und Dinge zu tun, die gerade nicht anliegen.… Weiterlesen