F wie Fanfiction

Schon ziemlich lange hatte ich vor, endlich einen Blogartikel über das literarischde F-Wort zu schreiben: Fanfiction. Aber erst jetzt, wo das Blog auf der Seite gelandet ist, auf der Leute nach dieser Info suchen würden, passt es auch zusammen. Dass es tatsächlich schon Fanfictions zu meinen Geschichten gibt, glaube ich nicht – zumindest keine, die irgendwo im Netz veröffentlicht wären – aber zumindest bin ich das schon mal gefragt worden: Ob man zu meinen Geschichten Fanfictions schreiben darf. Auf diese Frage gibt es eine lange und eine kurze Antwort. Die kurze lautet »Ja«. Die lange lautet »Ja, aber«, und die Erklärung dazu folgt hier.

Ich mag das Prinzip von Fanfiction. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich Leser (oder Zuschauer, Spieler, Hörer, etc.) eines Buches, Films, Spiels, einer Band so sehr damit identifizieren, dass sie sich in die Welt hineinversetzen, die Geschichte weiterspinnen wollen. Fans sind etwas tolles, solange sie einem nicht auf dem Klo auflauern, und Fans, die selbst kreativ werden, damit auch nochmal den Ruhm meiner Geschichte in die welt hinaustragen, sind für einen Autor etwas tolles. Ich bin selbst manchmal ein Fangirl. Ich habe selbst eine Fanfiction geschrieben, selbst wenn ich da schon straff auf die vierzig losging und mich gerade als Berufsautorin selbständig gemacht hatte, und mich dabei gefühlt wie ein rebellischer Teenager. Fanfiction ist etwas Feines. Aber es hört da auf, wo Vergewaltigungen ins Spiel kommen.

Ich lebe nicht hinter dem Mond. Ich weiß, dass gefühlt 99 Prozent aller Fanfictions davon handeln, zwei Figuren, die von Haus aus nicht miteiander schlafen würden, miteinander schlafen zu lassen. Das artet oft in Kombinationen aus, bei denen man nur die Augen verdrehen kann (Dumbledore und Dobby? Meint ihr das ernst?), aber so ist es nun einmal – nichts regt die Phantasie so sehr an wie die Aussicht auf Romantik, und sicherlich gibt es auch neben Autoren, die über echte romantische Phantasien hinaus gezielt versuchen, eine Paarung aufzutun, die es bislang noch nicht gegeben hat (was insbesondere beim Harry Potter-Franchise inzwischen ein Ding der Unmöglichkeit sein dürfte). Für mich als Autorin heißt das, damit leben zu müssen, dass man meinen Figuren Gefühle unterstellt, die sie niemals haben würden, oder auch eine sexuelle Orientierung, die ihnen fremd sein dürfte, aber es ist in Ordnung, ich kann drüber lächeln und habe Spaß an dem, was sich da offenbar in einem Paralleluniversum abspielt, in dem Lorcan auf Frauen steht oder Halan Probleme hat, die Kleider am Leib zu halten.

Was ich hingegen nicht akzeptiere, sind Vergewaltigungen. Als ich selbst nach Fanfictions zu Dragon Age: Origins gesucht habe, um dann meine eigene zu schreiben, war ich entsetzt zu sehen, dass es auf fanfiction.net eine eigene Kategorie gibt für »Rape/Noncon«, zu Deutsch »Vergewaltigung/ohne Zustimmung«. Es entsetzt mich, dass es Autorinnen gibt, junge Mädchen, die Vergewaltigungen für erotisch oder sexy halten, wenn zwei süße Jungs dabei vorkommen. Es stellt mir die Zehennägel auf. Vergewaltigungen und erzwungener Geschlechtsverkehr sind nicht romantisch, nicht erotisch, nicht sexy, und ich möchte nicht, dass irgendeine Leserin davon phantasiert, meine Figuren mit Gewalt übereinander herfallen zu lassen und denkt, dass sie dann mein Fan ist. Wer sich bei mir wirklich Fan genug fühlt, um Fanfictions schreiben zu wollen, den bitte ich, das zu respektieren.

Ihr könnt meine Figuren in jeder erdenklichen Kombination miteinander poppen lassen, vorausgesetzt, es handelt sich dabei um erwachsene Menschen, die beide damit einverstanden sind. Lasst die Finger von den Kindern. Es sind fiktive Kinder, aber ich habe als ihre Autorin trotzdem eine Verantwortung für sie, und wenn jemand Fanfiction schreibt, dann heißt das, dass die Figuren für denjenigen real genug sind, um aus den Seiten ihres Buches hinauszutreten: Ich will keine romantisch verklärten Vergewaltigungen lesen müssen und keinen romantisch verklärten Missbrauch. Selbst in Fällen, bei denen meine Figuren selbst eine Geschichte sexuellen Missbrauchs erlebt haben, wie Alexander in den Chroniken der Elomaran, habe ich absichtlich darauf verzichtet, diese Szenen im Detail zu beschreiben, und ich möchte auch nicht, dass irgendein Leser da ein Defizit wittert und mir die Arbeit abnehmen möchte. Keine Vergewaltigungen. Punkt.

Alles andere ist okay. Crossover mit Figuren aus anderen Geschichten, Paralleluniversen, Transportation von Figuren aus Fantasywelten in unsere Gegenwart, Zeitreisen, etc. – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, und ich wünsche mir manchmal, Fanfictionautoren würden über den »X hat Sex mit Y«-Tellerrand hinausschauen und das volle Potenzial, das sich ihnen bietet, ausnutzen. Wenn ihr eine Figur so sehr hasst, die sie gleich sterben muss, nur zu, bringt sie um, kreativ und blutrünstig – ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand dabei wirklich glaubt, dass es okay ist, jemanden umzubringen. Bei den Vergewaltigungsszenen, die zu lesen ich den Fehler gemacht habe, vermisse ich diese Differenzierung. Die lesen sich wirklich so, als könnten sich die Autorinnen nichts Romantischeres vorstellen, als über einen Menschen herzufallen und mit Gewalt zum Geschlechtsverkehr zwingen. Niemand will das erleben. Und ich will es auch nicht lesen müssen. Namentlich nicht mit meinen Figuren.

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