Autorenspam ist keine Lösung

Liz mit der ‚Empfehlen‘-Taste
schickt mir E-Mails, die ich hasste.
Das Ergebnis freut sie sehr:
Morgen schickt sie zwanzig mehr.

Ich kenne ja viele Autoren, und kann stolz darauf sein, aber diese Autorin war nicht darunter. Sie ist nicht im Tintenzirkel, wir sind uns noch nie begegnet, aber irgendwie scheint die Frau einen Narren an mir gefressen zu haben. Noch nenne ich es Spaß. Bald nenne ich es Stalking. Was ist passiert? Nun, es ist für einen Autor, der in einem Klein- oder gar Kleinstverlag veröffentlicht hat, immer schwer, auch Leser für das Buch zu gewinnen – schon weil die wenigsten Leute überhaupt etwas von dem Titel ahnen. Marketing wird gerne vom Verlag komplett in Autorenhände gelegt, und der Autor kann sehen, wo er bleibt.

Aber es gibt ja auch Leute wie mich, Rezensenten, die ein Bücherblog schreiben. Wenn man die gewinnen könnte… Eigentlich wäre es ganz einfach. Im Impressum meines Blogs steht meine Adresse, da könnte man hinmailen, wenn in den FAQ meines Blogs nicht stünde, dass man mich nicht wegen Rezensionsexemplaren anmailen soll, ich entscheide selbst, was ich lese. Aber ‚Liz‘ hat mir noch nie eine Mail geschrieben. Sie lässt schreiben. Amazon, der Internethändler, hat eine Funktion, mit der man Artikel seinen Freunden empfehlen kann. Alles, was man braucht, ist eine Mailadresse, und schon bekommt der Freund einen Hinweis auf das tolle Produkt. Oder, in ihrem Fall, bekommt ein völlig fremder einen Hinweis auf ihr Buch. Einmal. Dreimal. Fünfmal.

Seit dem vergangenen Februar hat sie mir fünf Mails auf diesem Weg geschickt, alle, um auf ihr grandioses Werk der Weltliteratur hinzuweisen. »Sassi möchte Ihnen etwas auf Amazon.de empfehlen« frohlockte die Betreffzeile viermal, jetzt nennt sie sich stattdessen Liza, aber es ändert nichts: Ich kenne weder eine Sassi noch eine Liza. Und dass ich sie schon dreimal angeschrieben habe und ihr mitgeteilt, dass mich ihr Buch nicht interessiert, das schreckt sie nicht, sie spammt weiter. Ich habe mich sogar schon an Amazon gewandt und gebeten, Maßnahmen zu ergreifen, dass diese Empfehlen-Funktion nicht so leicht für Spam missbraucht werden kann, aber die haben das Problem hartnäckig nicht verstanden.

Der berüchtigte Abmahnanwalt Freiherr von Gravenreuth, Gott hab ihn selig, hat einmal die Domain der Taz pfänden und auf sich übertragen lassen (musste sie aber wieder zurückgeben), weil er für das Abonnement des Taz-Newsletters eine Bestätigungsmail – noch nicht einmal den Newsletter selbst, sondern eine Opt-In-Mail – bekommen hat und das als unzulässigen Spam deklariert hat. Eine einzige Mail nur. Ich habe hier fünf, die ich nicht haben will, von denen ich weiß, wer sie abgeschickt hat, und die ich schlichtweg als Spam betrachte. Wenn ich das Geld hätte oder den langen Atem – könnte ich dann die Domain von amazon.de pfänden und behalten? Immerhin habe ich sowohl ‚Liz‘ als auch Amazon aufgefordert, diesen Spam zu beenden, und sie machen munter weiter.

Natürlich, ich kenne das Problem, dass Autoren für ihre Arbeit sauschlecht bis gar nicht bezahlt werden. Eine Freundin von mir hat das freundliche Angebot bekommen, ihre Restauflage zum Ramschpreis aufzukaufen und dann in die eigene Tasche zu verkaufen – da sie bis jetzt die einzige ist, die etwas für den Absatz des Buches getan hat, wäre das sogar eine Gewinnsituation, wären nicht auch die Aufkaufkosten ein dicker Batzen. Eine andere Freundin lebt mit drei, vier veröffentlichten Büchern im Jahr knapp auf Hartz IV-Niveau. Ich kenne mehr Autoren, die mehr schlecht als recht über die Runden kommen, nicht nur in Kleinstverlagen, als solche, die damit Millionen scheffeln. Das ist ein grundsätzliches Problem. Aber Spam? Spam ist keine Lösung. Auch nicht in das Mäntelchen einer Amazon-Empfehlung gekleidet.

NACHTRAG
Da sich die Autorin gerade per Mail bei mir entschuldigt hat, habe ich ihren Realnamen aus diesem Artikel entfernt. Ich lasse den Text trotzdem stehen, denn das Modell, das Amazon da anbietet, hat sich noch nicht geändert und wird das auch so schnell nicht, und lädt weiter zum Spammen ein.

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