Seelenblut, oder Die Angst vorm nächsten Band

Die letzte Woche hat mir wieder vor Augen gerufen, warum ich diese Geschichte eigentlich schreibe, und für wen. Am Wochenende habe ich meine Freundin Zoe getroffen, meine Mitbewohnerin aus sonnigen Kölner Tagen, und ich begriff, daß die Geschichte von Anfang an für sie war, und für Andrea, die dritte im Bunde. Zoe mochte immer Halan am liebsten, und plötzlich fiel mir auf, daß Halan auch einige Ähnlichkeit mit ihr hat, und ich mit Alexander – aber die Zeit läßt sich nicht zurückdrehen, und wir sind nicht mehr die, die wir damals waren. Ich hoffe, daß wir heute besser sind als damals. Wir hätten es verdient…

Jetzt ist Zoe also verheiratet und Mutter einer bezaubernden kleinen Tochter, und ich bin die Patentante dazu, und ich fühle mich alt. Ich habe hochgerechnet, wie lange es noch dauern wird, bis der Elomaran-Zyklus abgeschlossen ist – das niederschmetternde Ergebnis sagt: Noch zwanzig Jahre. Bis dahin ist die kleine Elena mit der Schule fertig und wohnt vielleicht in ihrer eigenen WG, und ich bin noch viel älter als jetzt und habe noch viel mehr graue Haare – kann ich mich dann überhaupt noch mit so jungen Charakteren wie Alexander oder Varyn identifizieren?

Also habe ich nur eine Wahl: Ich muß schneller daran arbeiten, um vielleicht doch noch vor 2026 mit dem Werk abschließen zu können. Aber statt daß ich mich jetzt hinsetze und Dämmervogel zuende schreibe und mich im Eiltempo an den Folgeband Falkenwinter mache, geht in meinem Kopf plötzlich die Geschichte von Anders und Halan weiter. An der ich nicht schreiben will, bis beide Varyn-Bücher fertig sind, weil in diesem Band dann endlich die Fäden zusammengeführt werden. Und der in meinem Kopf plötzlich Formen annimmt, die mir nicht gefallen. Denn als wolle ich den Elomaran-Zyklus so schnell wie möglich hinter mich bringen, werden in diesem Buch alle sterben.

Lest hier weiter, wenn ihr wirklich neugierig seid und euch Spannung nicht so wichtig ist, und wenn ihr euch sagt, bis das Buch denn geschrieben wird, gehen noch ein paar Jahre ins Land, und am Ende wird es sowieso ganz anders. Hoffe ich schließlich selbst:
Alexander lebt in Indiradin im Exil. Laibrin, der freundliche Botschafter aus Engelsschatten, bietet ihm politische Unterstützung an, unter der Auflage, daß Alexander seine Tochter Maelien heiratet. Alexander, der nichts im Leben weniger will als eine Frau heiraten, willigt ein, nachdem sich herausstellt, daß Maelien ein freundliches, unverkrampftes Mädchen ist und im Endeffekt auch nichts von ihm will.

Varyn, mitlerweile König von Doubladir und auf großem Eroberungsfeldzug, nimmt Koristan ein, woraufhin Aralee mit Zofe, Kind und Krone ebenfalls nach Indiradin flieht, um sich mit ihrem Sohn zu versöhnen und zu verbünden.
Soweit der schon länger offiziell geplante Teil dieses Buches, das noch keinen Namen hat. Seit gestern spielen sich in meinem Kopf aber Szenen ab, welche die Geschichte folgendermaßen weitergehen lassen:
Alexander, bis zum Äußersten gereizt durch seine hilflose Situation, glaubt, daß Halan mit Maelien anbändelt, und tötet in seiner Eifersucht beide.

Jurik tötet erst Aralee, dann Alexander, weil er ihn an Aralee erinnert, und zum Schluß sich selbst.
Ember nimmt Krone und Horn an sich und läuft damit zu Varyn über, der die Schätze gerne annimmt, aber den Überläufer hinrichten läßt, damit der sowas nie wieder tun kann.

Womit von Alexanders Teil der Geschichte nur noch übrig sind: Roveen und Gaell, Amra, Natara und Lyda. Die kein Interesse daran haben, irgend eine Form von Widerstand zu leisten, und vielleicht gemeinsam eine WG aufmachen.
Varyn wird König der ganzen Welt.
Ende der Geschichte.

Muß es so enden? Soll es so enden? Ein paar dieser Wendungen sind durchaus beabsichtigt, aber die Stellen, wo erst Alexander und dann Jurik Amok laufen, muß ich irgendwie in den Griff bekommen.
Oder muß ich?

Ich hätte nicht soviel Shakespeare lesen sollen. Bei Hamlet sind am Ende auch alle tot, bis auf Fortinbras und Horatio. Vielleicht lasse ich es wirklich so ausgehen. Tragik von epischem Ausmaß. Und der Titel dieses endgültigen Finalbands?
Irgendwas mit Blut. Viel Blut.
Seelenblut

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