Nichts anzuziehen, oder: Scanner am Werk

Wer kennt es nicht, das Gefühl, vor einem vollen Kleiderschrank zu stehen und sich zu fühlen, als hätte man nichts anzuziehen? Ich. Mir ist das noch nie passiert. Mein Kleiderschrank ist voll, und ich greife nach irgendwas, Hauptsache einigermaßen sauber und, gegenwärtig besonders wichtig, warm genug. Draußen herrscht Winter, und wir beheizen gerade nur einzelne Zimmer, nicht das ganze Haus, weil unsere Gasrechnung durch die Decke gegangen ist. Ich friere hier vor mich hin. Aber zumindest vor dem Kleiderschrank muss ich nicht lange zögern, so schwer ich mich sonst auch mit Entscheidungen tun mag.

Aber im übertragenen Sinn geht mir das gerade genauso. Ich habe nichts zu schreiben. Und da ich mir vorgenommen habe, dieses Jahr wirklich jeden Tag mein Pensum zu schreiben, 1.370 Wörter oder mehr, bringt mich das gerade in die Bredouille. Ich habe »Owls End«, an dem ich die letzte Woche über gearbeitet habe, gerade für ein paar Tage beiseite gelegt, um mein Plotproblem zu lösen. Bis ich da etwas gefunden habe, muss ich also an etwas anderem schreiben. Und ich habe nichts, obwohl meine Liste der Bücher in Arbeit ebenso lang ist wie die Liste an Büchern, die erst noch geschrieben werden wollen.

Ich bin Multitasker. Seit vielen Jahren schreibe ich an mehreren Büchern parallel – und irgendwie wird die Liste der angefangenen Bücher immer länger, obwohl ich auch jedes Jahr etwas zu Ende schreibe.… Weiterlesen

4theWords? 4dieKatz!

Auch 2014 habe ich, wie in jedem Jahr seit 2006, am Nanowrimo teilgenommen. Was einmal ein Geheimtipp war, ist längst ein Riesenapparat mit Hunderttausenden von Teilnehmern – in diesem Jahr waren es knapp über 175.000 – und, auch wenn die Teilnahme selbst weiterhin kostenlos ist, einer großen Geldmaschine im Hintergrund. Kosten für Personal, Technik, Infomaterial etc. gehen in die Millionen. Der Nano finanziert sich durch Spendengelder, und auch ich habe meine 25 Dollar gespendet, aber ein nicht zu verachtender Betrag kommt durch Sponsoren zustande, Großspender, die ein Minimum von 6.000 Dollar beisteuren, dafür auf der Nanowrimo-Seite prominent präsentiert werden und, indem sie über Winner Goodies und andere Lockvogelangebote Naniten als Kunden ködern können, ihr Geld schnell wieder drin haben. Bei 175.000 Teilnehmern ist das eine Lizenz zum Gelddrucken, und die Buchdienstleisterindustrie hat längst dsa große Potenzial einer Aktion erkannt, die jedes Jahr hunderttausend veröffentlichungswillige Autoren auf die Welt loslässt.

Dementsprechend betrachte ich die Sponsorenangebote längst mit Skepsis. Es ist schön, wenn meine eine gute Schreibsoftware wie Scrivener zum halben Preis bekommt, und auch schön, wenn Anbieter wie Createspace oder Lulu siegreichen Autoren gedruckte Exemplare ihres Buches schenken. Andere Angebote sind aber eher von der Sorte, die, was ihre Seriösität angeht, sich zumindest in einer Grauzone bewegen – kostenpflichtige Lektorate und Zuschussverlage, die Naniten ein angeblich besonders günstiges Publishingpaket anbieten, haben hier mit den Naniten ein sicheres Einkommen.… Weiterlesen

Gib mich den Hattrick III

Es ist bis jetzt schreibmäßig nicht so gut gelaufen in diesem Jahr. Der Start war gut, ungefähr so lange, bis Mitte Februar das Haus in unser Leben getreten ist, und danach war es schwer, noch an andere Dinge zu denken, allem voran das Schreiben. Und schon rächt sich das: Es ist Juli, das halbe Jahr ist rum, und ich habe noch nicht einmal ein Viertel meines Jahresziels geschafft. Vor allem aber ist es bald zwei Jahre her, dass ich zuletzt einen Roman fertiggestellt habe, ich sitze auf nicht weniger als elf Baustellen, und es ist wirklich an der Zeit, endlich wieder das magische Wörtchen »Ende« zu schreiben. Also, warum nicht gleich dreimal? Über einen Mangel an Größenwahn habe ich mich noch nie beschweren können. Also, hier ist mein Ziel für den Monat Juli: Ich schreibe drei Romane fertig.

Es ist naheliegend. Ich muss einen Monat lang wirklich Wörter rausholzen, will ich noch eine Chance auf mein Jahresziel haben. Normalerweise würde ich auf den November setzen, im Nanowrimo habe ich schon wahre Großleistungen vollbracht, aber dieses Jahr sollte ich mich ausgerechnet darauf nicht verlassen. Wir kaufen unser Haus im Herbst – wenn alles glatt geht, Anfang September – und dann werde ich erst einmal mit Renovierung eingespannt sein und nicht die Zeit haben, acht Stunden am Tag zu schreiben.… Weiterlesen

Über die Freuden des Scheiterns

Was für ein Kampf! Was für ein Endspurt! Als jeder andere Nanit des Tintenzirkels schon in seinem Bett lag und den Nanowrimo entweder gewonnen oder verloren hatte, saß ich noch auf meinem Sofa, den Laptop auf dem Schoß, Kochshows aus der Konserve auf dem Fernseher, und habe geschrieben, geschrieben, geschrieben bis kurz vor sechs in der Frühe, um es noch zu schaffen, um auch mit Geisterlied den Sieg einzufahren. Es war ein Kampf. Nicht mehr als 3.060 Wörter fehlten mir, sicher kein unüberwindbares Hindernis, aber da ich schon ein paar Tage davor an meine Grenzen gestoßen war, sollte sich jedes Wort als Krieg herausstellen. Mein Timing hätte schlechter nicht sein können: Nicht nur war es der 30. November und die letzte Chance, dreitausend Wörter für den Nanowrimo zu schreiben, nein, es ging auch noch um nicht mehr und nicht weniger als den dramatischen Höhepunkt des Buches, eine Szene, die ich schon seit drei Jahren vor Augen hatte und die sich als entsprechend schwer zu schreiben herausstellte.

Um Haaresbreite habe ich es dann geschafft, bevor ich in mein Bett kollabiert bin, lange nachdem Kamen und Elena ihre Plaketten eingefahren hatten. Nur weil ich von Anfang an in einer anderen Zeitzone geschrieben habe – dem Biorhythmus angepasst auf die Zeit von Quito, Peru – konnte ich um diese Uhrzeit noch arbeiten, und auf den allerletzten Drücker fertig zu werden, war erfrischend anstrengend.… Weiterlesen

Möööp? Möööp!

Nach neun Tagen Doppel-Nano kann ich ein erstes positives Feedback geben: Ja, es funktioniert. Man – oder zumindest ich – kann jeden Tag an zwei Büchern jeweils rund 2.000 Wörter schreiben, und das ohne größere Einbußen der Lebensqualität. Ich bin seit September arbeitslos und habe dementsprechend viel Zeit – war es mit einer Halbtagsstelle zu vereinbaren, einen erfolgreichen Nanowrimo zu schreiben, sind ohne Arbeit zwei Nanowrimos kein Problem. Ich habe einen Großteil der Arbeit in die Nacht verlegt, so dass von meinen Tagen relativ wenig für den Nano draufgeht, vom Plotten und Denken mal abgesehen, und ich viel Zeit mit Fernsehen und Computerspielen verbringen kann. Sogar der Haushalt sieht mich ab und an, und vorgstern habe ich sogar gekocht: Also, ein Erfolg auf der ganzen Linie.

Die Entscheidung, vier Tage vor dem Nanowrimo meinen Roman zu kicken und ein neues Thema aus dem Boden zu stampfen hat sich bewährt. Meine Kinder des Mohns machen großen Spaß, wenn ich ehrlich bin, deutlich mehr als Geisterlied. So hat sich nahezu unbemerkt ein Vorsprung von zweitausend Wörtern eingeschlichen, einfach weil ich an meinen Mohnkindern immer einen Tacken mehr schreibe als an dem anderen Buch. Trotzdem habe ich gerade einen fiesen Durchhänger, der zwar nicht meinen Schreibfluss zum Erliegen bringt, aber an meiner Motivation knabbert, und das ist folgende Erkenntnis: Geisterlied handelt von einem Mädchen, das erkennen muss, dass seine Vertraute und beste Freundin ein Geist ist – während Kinder des Mohns davon handelt, das ein Mädchen erkennen muss, dass seine Vertraute und Zwillingsschwester ein Geist ist.… Weiterlesen

Und dann war Sense

Das letzte Jahr hat mir eine Tour de Force beschert. Es ging auf und ab für die Elomaran – erst das Interesse mehrerer größerer Verlage, dann die Absagen dazu. Dann das Interesse eines kleineren Verlags, das soweit ging, dass der Verleger meinen Agenten schon nach einem Vertragsentwurf gefragt hat, und damit endete, dass der Verlag auf Tauchstation ging und keinerlei Mails, Anfragen oder sonstiges mehr beantwortet hat. Wir haben nie mehr davon gehört.

Zur guter Letzt das Interesse eines sehr netten, aber auch wirklich sehr kleinen Verlags, der die Elomaran gern genommen hätte – aber ob ich jetzt größenwahnsinnig bin oder nicht, ich möchte für diese Geschichte etwas größeres, nicht nur für mein Ego, sondern auch aus finanziellen Gründen. In den Chroniken steckt die Arbeit von inzwischen elf Jahren, und wenn ich schon einen Weltbestseller landen müsste, um mit einem halbwegs erträglichen Stundenlohn da rauszukommen, möchte ich doch zumindest ein bichen davon haben. Ich habe kein Problem damit, ein einzelnes Buch in einem kleinen Verlag zu veröffentlichen, aber mich mit einen Mindestens-Fünfbänder auf Jahre an Kleinstverlage binden, das ist für mich ein zu großer Schritt. Ich will auf die Dauer vom Schreiben leben können. So war es an der Stelle dann ich, die den Rückzieher gemacht hat.… Weiterlesen

Weniger ist mehr

Mit keinem Entschluß meiner Autorenlaufbahn tue ich mich auch im Nachhinein noch so schwer wie mit meiner Entscheidung 2008, nach weniger als einer Woche aus dem Nanowrimo auszusteigen. Es hatte damals vor allem gesundheitliche Gründe, ich befürchtete, daß ich eine Psychose bekommen könnte, und doch, es schmeckt bis heute bitter. Geisterlied, eine Idee, auf die ich immer noch stolz bin, ist bis heute nicht geschrieben, und ich traue mich kaum heran, es doch endlich zu versuchen, so groß ist die Angst, die Geschichte zu ruinieren. Wäre ich heute in der gleichen Situation, ich würde mich anders entscheiden. Das Problem damals war nicht der Nano, es war die Arbeit, und die Psychose habe ich damals, wenn auch um zwei Monate nach hinten versetzt, doch noch bekommen. Und doch habe ich jetzt eine Entscheidung getroffen, die mir genauso schwer gefallen ist und genauso schlecht schmeckt.

Fünfhunderttausend Wörter, ein stolzes Ziel hatte ich mir für dieses Jahr gesetzt, und nachdem es im ersten Monat noch ganz gut ging, habe ich bald zu kämpfen angefangen – natürlich, ich bin ein Kampfschreiber, aber es soll Spaß machen und nicht zu einer ständigen Belastung werden. Ich bin mir immer noch sicher, daß ich in der Lage bin, eine halbe Million Wörter in einem Jahr zu schreiben – wenn ich mal Berufsautorin bin und meinen Lebensunterhalt damit verdiene.… Weiterlesen