Unten an der vierten Wand

Ich habe sehr viel gebloggt in diesem Jahr – über mich, mein Leben, über Bücher, die ich gerade schreibe, und über Bücher, die auf dem Friedhof gelandet sind. Und jetzt habe ich ein Buch zu Ende geschrieben, über das habe ich in diesem Blog kaum jemals ein Wort verloren. Und das durchaus mit Absicht. Es ist nicht so, dass ich über dieses Buch nicht eine Menge zu sagen gehabt hätte – aber über weite Teile des Schreibprozesses stand fest, oder war zumindest schon sehr wahrscheinlich, dass der Oetinger Verlag dieses Buch veröffentlichen wird, und das schon im kommenden Herbst/Winter – und da wollte ich einfach Spoiler vermeiden.

Es ist eine Sache, wenn ich detailliert über das Entstehen von »Funkenschwarz« berichte, das noch lang nicht fertig ist und dessen Veröffentlichung in den Sternen steht – bis das Buch einmal draußen ist, wird sich keiner mehr an die Blogartikel dazu erinnern können, und ich kann sehr frei über meine Ideen und ihre Entwicklung berichten. Aber wenn das Buch schon in weniger als einem Jahr herauskommt, sind die Blogartikel aus 2023 noch zu frisch. Und in diesem neuen Buch sind ein paar Wendungen, die ich wirklich nicht vorwegnehmen möchte – und ich kann nicht über mich und meine Gefühle beim Schreiben sprechen, ohne zu viel zu verraten.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Das Lande Blau«

Von allen wiederkehrenden Rubriken in diesem Blog ist mir der Romanfriedhof wahrscheinlich die Liebste. Ich denke gerne an meine alten Geschichten zurück, um mich daran zu erfreuen, wie sehr ich mich weiterentwickelt habe – und da die meisten meiner alten Geschichten nie fertiggeworden sind, sind das dann schöne Fallbeispiele, die ich hier wiederaufarbeiten kann und analysieren, woran sie gescheitert sind. Heute gibt es eine Geschichte, deren Abgang ich hier schon öfter zitiert habe, ein Fall, in dem ich mich im Plot völlig verrannt habe und nicht mehr hinauskam. Und der einzige Grund, warum ich dieses Buch noch nie früher auf dem Romanfriedhof behandelt habe, ist einfach der, dass dieses Buch nie auch nur einen Arbeitstitel hatte, und was schreibe ich dann in die Betreffzeile?

Mein erster Fantasyroman war 1993 genau das: Mein erster Fantasyroman. Er hatte keinen Titel. Wenn ich auf ihn Bezug nehmen wollte, reichte es aus, ihn »den Fantasyroman« zu nennen, denn alles anderes, was ich damals sonst geschrieben hatte – oder versucht zu schreiben – waren Krimis. Keiner von ihnen war wirklich über ein paar Seiten hinausgekommen. Nachdem ich »Alibi für einen Geist« auf über 270 Seiten  versenkt hatte, war meine Hoffnung, jemals etwas Längeres fertigzuschreiben, gleich Null.… Weiterlesen

Nach dem Nano II

Viel habe ich in diesem Jahr vor dem Nanowrimo über meine Vorbereitungen gepostet – und dann den ganzen Monat November lang nichts. Zwar hatte ich vor, hier über meine Fortschritte zu berichten – aber auch wenn ich das ganze Jahr über fleißig gebloggt habe, musste ich doch merken, dass neben einem Doppelnano-Pensum wenig Zeit bleibt, irgendwas anderes zu schreiben, auch keine Blogartikel. Und so gibt es hier statt eines fortlaufenden Berichts jetzt ein Recap des Monats, auf den ich mich das ganze Jahr über gefreut habe.

Das wichtigste vorweg: Ich habe gewonnen, zweimal, so wie ich mir das erhofft hatte. Aber nach einem Jahr, in dem ich kaum einen Monat lang nicht ein Nanopensum von mindestens 50.000 Wörtern geschrieben habe, wäre alles unter einem Doppelsieg auch eine Niederlage gewesen, wollte ich doch dem ohnehin schon erfolgrechen Schreibjahr die Krone aufsetzen. Und diese Voraussetzung hat mir einen Druck reingebracht, den ich besser nicht gehabt hätte.

In anderen Jahren bin ich hungrig in den Nano gestartet, um nach einer Durststrecke ein neues Schreibjahr kaltzustarten und mir Schwung zu holen für die nächsten zwölf Monate. Dieses Jahr war ich zum Start des Nanos schon vergleichsweise verbraucht. Ich hatte seit Beginn des Jahres mehr als 500.000 Wörter geschrieben, den T12 fertig in der Tasche, und an jedem einzelnen Tag mein Pensum von mindestens 1.370 Wörtern geschrieben, werktags, sonntags, feiertags.… Weiterlesen

Leb wohl, du schöne Welt!

In wenigen Stunden startet der Event, auf den ich seit Wochen, wenn nicht seit Monaten, hingefiebert habe: der Nanowrimo. Zum achtzehnten Mal nehme ich in diesem Jahr teil, aber auch wenn mein Nano damit volljährig wird, freue ich mich da doch jedes Jahr aufs Neue drauf wie ein kleines Kind. Während anderswo Halloween gefeiert wird, sitze ich über den letzten Vorbereitungen  für mich und meine beiden Romane sowie für das Tintenzirkel-Forum. Die tägliche Statistik für in diesem Jahr fünfundachtzig Teilnehmer:innen gehört ebenso dazu wie die akribische Planung, wie die ersten Sätze in jedem Projekt lauten werden. Vor allem aber verbringe ich ein letztes bisschen Qualitätszeit mit meinem Mann. Traditionell gehen wir am 31. Oktober indisch essen, und das ganze steht unter dem Motto »Leb wohl, du schöne Welt!« – denn von der Welt im Großem und meinem Mann im Kleinen werde ich im November herzlich wenig zu sehen bekommen.

Ich nehme den Nanowrimo ernst. Wer mich kennt, findet, ich nehme ihn zu ernst. Selbst einige Leute, die schon mal oder jedes Jahr den Nanowrimo geschrieben haben, finden das – ich ordne einen Monat lang dem Schreiben alles unter. Schränke meine sozialen Kontakte ein, reduziere alle Aktivitäten, die nicht Schreiben sind, und verbringe im Schnitt acht Stunden am Tag nur mit meinen Büchern – nicht nur mit dem Schreiben, sondern auch mit intensivem Plotten, mit Lesen des bisher geschriebenen, und mit der Zeit nachts vor dem Einschlafen, die bei mir schon mal zwei Stunden dauern kann, während derer ich in meinen Geschichten spazieren gehe und versuche, das zu Schreibende für den nächsten Tag auf die Reihe zu bekommen.… Weiterlesen

Wenn der November naht …

Es ist noch eine Woche hin, bis der Nanowrimo beginnt, für mich die schönste Zeit des Jahres und traditionell mein persönliches Schreib-Highlight, und ich bin noch nicht so recht in Nani-Stimmung. Zum Teil liegt es daran, dass ich immer noch an den Folgen einer Covid-Infektion herumkaue, die wirklich mild verlaufen ist, aber dazu geführt hat, dass ich seit vier Wochen mit Husten und Schnupfen zu kämpfen habe – wirklich nichts gravierendes, aber gesund bin ich eben nicht, und ich merke es vor allem, wenn ich schlafen will. Zum anderen liegt es aber leider auch an meinen Projekten.

Wie in jedem Jahr gibt es auch in diesem Jahr bei mir den Doppelnano, aber wirklich, wenn das nicht meine Tradition wäre, die ich nicht einreißen lassen möchte, würde mir in diesem Jahr auch ein einfacher Nano genügen. Mein Jahresziel habe ich im Kasten, auf die Wortzahl kommt es mir gar nicht mehr so sehr an, da habe ich dieses Jahr ohnehin meinen persönlichen Rekord gebrochen – aber ich will einfach, dass der Nanowrimo eine Herausforderung ist, und das ist er nicht, wenn ich nur das gleiche schreibe wie in nahezu allen anderen Monaten dieses Jahres. Das wäre kein Highlight, nur der Status Quo.… Weiterlesen

Stipenditastisch IV

Hier kommt mein persönlicher Abschlussbericht zum PAN-Stipendium, bei dem ich dieses Jahr in der Kategorie »Debüt« in der Jury sitzen durfte. Da heute auf der Frankfurter Buchmesse die Preisträger:innen bekanntgegeben wurden, darf ich endlich mein Schweigen brechen und ganz herzlich gratulieren.

Nachdem ich innerhalb von acht Wochen nicht weniger als 106 Debüt-Romane durchgesehen und meine Bewertung dazu beim Jurybüro abgegeben, war die Arbeit noch lange nicht am Ende. Denn jetzt galt es nicht nur, zusammen mit den anderen Debüt-Juror:innen die Shortlist unserer eigenen Kategorie zu erstellen, sondern auch die Shortlists der anderen Kategorien durchzusehen. Sprich, noch mehr Leseproben und Exposés, die ich dann in meine persönliche Reihenfolge bringen durfte.

Für die Debüt-Shortlist haben wir uns in einem Zoom-Call zusammegesetzt und so lange diskutiert, bis wir auf zehn Titel runter waren. Zehn Titel, das klingt wie eine echt lange Shortlist, und wir hatten auch von allen Kategorien die längste, aber vier Juror:innen bewerten völlig unterschiedlich, wir hatten noch deutlich mehr Lieblingsbücher, die es am Ende nicht auf die Liste geschafft haben, und am Ende haben es zum Beispiel von meinen drei absoluten Favoriten nur zwei (aber immerhin zwei) auf die Shortlist geschafft, während sich an meinem dritten Lieblingsbuch die Geister so sehr schieden, dass es dafür nicht gereicht hat – und das galt entsprechend auch für Lieblingsbücher anderer Juror:innen.… Weiterlesen

Ab jetzt: Bonus

Im Jahr 2010 rief ich im Tintenzirkel ein Großprojekt ins Leben: Den T12, mit T wie Tintenzirkel und 12 für die zwölf Monate des Jahres. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits viermal den Nanowrimo mitgeschrieben und dreimal gewonnen, ich hatte den Tinowrimo eingeführt, um auch in anderen Monaten mit einem Wörterziel zu schreiben, und der T12 war die logische Schlussfolgerung daraus, Ganzjahreskampfschreiben mit einem möglichst ehrgeizig gesteckten Ziel fürs ganze Jahr. Im ersten Jahr wagte ich mich an 400.000 Wörter heran, mehr als ich jemals in einem Jahr geschrieben hatte, und erreichte mein Ziel auch prompt, sogar um zehntausend Wörter erweitert, die ich mir im Andenken an ein verstorbenes Teammitglied auferlegt hatte – es stellte sich zwar heraus, dass die vermeintlich von uns gegangene doch noch am Leben war, doch das erweiterte Jahresziel wollte ich trotzdem durchziehen und tat es.

Im Jahr drauf, 2011, legte ich noch eine Schüppe drauf – wenn ich 400.000 Wörter schreiben konnte, dann konnte ich auch 500.000 schaffen, ich musste mich nur entsprechend anstrengen. Und obwohl ich damals noch als Bibliothekarin arbeitete, gesundheitlich angeschlagen war und ziemlich heftige Medikamente nahm, schaffte ich es. Zwar mit Ach und Krach, aber es gelang mir, meinen Rückstand aufzuarbeiten und heldenhaft Ende Dezember die Zielgerade zu überschreiten.… Weiterlesen