Lustig ist das Lager-Leben

Als Kind war ich immer ein großer Freund von Sommer- und Zeltlagern. Als Siebenjährige war ich zu Pfingsten in einem Friedenscamp und lernte, Handpuppen zu nähen, mit zehn verbrachte ich mit meiner Schwester zehn Tage in einem Hüttendorf in den Niederlanden, wo meine Schwester sich Kopfläuse anfing und ich mir Gesicht und Hände verbrühte, als ich eine blecherne Zweiliterkanne heißen Tees quer durch das Lager tragen musste, und mit dreizehn und vierzehn fuhr ich mit dem Jugendrotkreuz in die Eifel, um meine Eltern wenig zu begeistern mit der Postkarte »Ich habe mir den Fuß verstaucht, aber der Gips ist schon wieder ab« – sie hätten das doch gerne etwas früher erfahren, zum Beispiel von der Lagerleitung. Aber egal, ich war begeistert. Als ein Kind, das virtuell keine Freunde hatte, war es für mich etwas Tolles, mit einem Haufen Wildfremder zusammengewürfelt zu werden und ohne Vorurteile und böse Gerüchte quasi bei Null anzufangen. Die Zufallsgemeinschaften in der Hütte oder im Zelt entwickelten natürlich schnell eine Sozialstruktur und Hierarchie, in der ich längst nicht immer oben stand, aber selbst wenn es schrecklich wurde, das zweite gute an diesen Lagern war ja, nach zwei Wochen spätestens waren sie durchgestanden.

Und heute, als Erwachsene, habe ich mich wieder in einem Lager interniert. Der Nanowrimo hat jetzt als Spin-Off eine Ganzjahresaktion gestartet, Camp Nanowrimo. Dort macht man das gleiche wie im Nano selbst: Man schreibt 50.000 Wörter in einem Monat. Der Unterschied ist, es gibt keine allgemeine Statistik, keine langen Listen, keinen internationalen Vergleich. Statt dessen wird man, wie im guten alten Sommerlager, mit einer Gruppe anderer Autoren in einer virtuellen Hütte zusammengewürfelt. Ich habe mich mit den Puppen eingeschrieben, und weil ich mich nach Alter und Genre habe eingrupieren lassen, sind wir jetzt ein Halbdutzend Mystery, Thriller & Suspense-Autoren zwischen fünfunddreißig und vierzig. Und es verspricht Spaß zu machen. Autoren aus aller Welt treffen, ohne den Stress zu haben, mehr als siebzig Kollegen statistisch zu betreuen, und nebenbei noch ein Buch schreiben.

Camp Nanowrimo-TeilnehmerAber wie alles, was ich in dieser unsicheren Zeit mache, hat auch das einen ernsten Hintergrund. Ich habe ja nach langem Hin und Her mein zu hochgestecktes Ziel von 500.000 Wörtern für 2011 um zwanzig Prozent reduziert, weil es sich nicht mit meiner Berufstätigkeit vertragen ließ. Nun, mit der ist es ja nicht mehr weit, ich arbeite jetzt noch drei Wochen – und so denke ich ständig daran, mein Ziel wieder hochzusetzen, auch wenn mir jeder davon abrät. Wenn ich jeden Monat, den August eingeschlossen, an die 50.000 Wörter schreibe, kann ich es noch schaffen – und das Camp Nanowrimo soll mir dabei helfen, Monat um Monat abzuliefern wie ein Weltmeister. Nach drei Tagen liege ich zumindest gut im Rennen, und das Pensum macht mir nicht viel aus, ich habe ja jemanden, der drauf wartet, dass es weitergeht, und das in Kombination mit meinen Homies in der Hütte beflügelt mich. Puppenhaus, ich komme!

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