Puzi, Scherzi, Percy

In der letzten Zeit scheint es bei mir sehr niedlich zuzugehen. Wer mich von meinen Geschichten erzählen hört, stolpert über so knuffige Ausdrücke wie Puzi, Scherzi und Percy. Wer Percy ist, sollte nach fleißiger Lektüre meines Blogs nicht mehr die Frage sein – Percy, mit vollem falschen Namen Percival Jessup, ist ein Gentleman der zwanziger Jahre und Held einer Romanreihe, die man vom Genre mehr als Geiterkrimi denn als Fantasy bezeichnen muss und mehr in der Tradition von Dorothy Sayers und Margery Allingham steht als in der von Tolkien – gut, in Tolkiens Tradition stand ich noch nie, aber die Tendenz sollte damit klar sein. Das erste Abenteuer, die Mohnkinder, ist so gut wie abgeschlossen, der Folgeband, derzeit unter dem Arbeitstitel Schattenfinger geplant, steht in den Startlöchern und wartet nur noch auf ein etwas klareres Konzept, in dem mehr die formalen Aspekte zu klären sind als die inhaltlichen. Ich freue mich schon, mit der Arbeit daran zu beginnen – aber wenn ich alternativ zuerst Scherzi schreiben darf, ist das auch nicht schlecht.

Scherzi ist die Fortsetzung von Puzi, klar, nee? Puzi ist, das sollte nicht schwer zu erraten sein, das Puppenzimmer. Nachdem meine Agentin dem Haus der Puppen diesen neuen Titel verliehen hat – zum einen passt er besser, zum anderen war der erste schon belegt durch einen Dokumentarfilm über Auschwitz, mit dem ich ganz sicher keine Assoziationen haben wollte – war für mich nichts naheliegender, als die Verniedlichungsform einzuführen. Schließlich habe ich mit Kosenamen gute Erfahrungen gesammelt, als ich bei der Arbeit an der Gauklerinsel Roashan und Trosca in Rosi und Trotzki umbenannt habe und damit für einen Kultfaktor sorgen, den das Buch ansonsten nicht gehabt hätte. Als Astrid Vollenbruch seinerzeit ihre Einhornzauber-Reihe geschrieben hat, war der interne Spitzname dafür Glitzi, und das ist hängengeblieben – genauso sollen meine Freunde auch in zehn Jahren noch wissen, wer oder was Puzi war. Womit wir bei Scherzi wären.

Scherzi heißt mit vollem Namen Das Scherbenzimmer, ein Titel, der diesmal wieder von mir stammt, und existiert bislang nur als Exposée. Dass es eine Fortsetzung vom Puppenzimmer geben kann, habe ich meiner Agentin versprochen, als ich das erste Buch zuende geschrieben habe, und da es ein etwas unerwartetes Ende nimmt, bei dem die Heldin nicht den knackigen Alan bekommt, sondern die süße Lucy, war nicht unbedingt das Schluss, den man erwarten kann. Und natürlich wollen die Leser sicher wissen, wie es mit Alan weitergeht, und ob Florence nun die Puppen erlösen kann, ist auch noch ziemlich offen, und ob das mit Lucy nun Liebe oder Freundschaft ist, ist auch eine Frage von Spekulationen. Aber da das Puppenzimmer andererseits sehr geschlossen ist, wusste ich schon früh, dass die Fortsetzung nicht direkt an die Ereignisse anknüpfen kann, und ich möchte, dass sie ein eigenständiges Buch sein soll.

So kam mir die Idee, einige Zeit verstreichen zu lassen – den Feen macht das ja nichts aus – und im Jahr 1941 wieder einzusetzen, mitten im Zweiten Weltkrieg während des deutschen Bombardements. Einige Diskussionen entspannen sich um die Frage nach der Hauptfigur: Für mich ist Florence als Fee niemand mehr, der ein Buch fünfhundert Seiten lang tragen kann, und so entschloss ich mich zum Auftreten von Jenny Cooper, dreizehnjährige Halbwaise und niemand geringeres als Alans Tochter, die per Evakuierung nach Hollyhock kommt und dort mit den Feen aneinanderrasselt. Meine Agentin, und da hat sie sicher recht, wies darauf hin, dass man nicht hingehen kann und von einem Buch aufs andere alle Hauptfiguren austauschen, so dass Florence jetzt immerhin noch die zweite Hauptfigur sein darf, nur als Icherzählerin taugt sie mir nicht mehr. Und nachdem ich einmal den Titel hatte und die Heldin, kam der Plot gleich postwendend anmarschiert und wartet jetzt nur drauf, geschrieben zu werden.

Und doch schreibe ich das noch nicht. Nicht, dass ich nicht will, aber außer mir und meiner Agentin hat da noch jemand ein Wörtchen mitzureden, nämlich der zukünftige Vater meiner Bücher, der – mir noch nicht bekannte – Verlag, der das Puppenzimmer herausgeben wird. Ich habe ja noch nicht aufgegeben, dass ich in absehbarer Zeit einen Vertrag bekomme, sechs Absagen vom Freitag zum Trotze. Und ich billige diesem Verlag zu, dass er vielleicht gar keine Puzi-Fortsetzung haben will. Oder etwas ganz anderes, als mir vorschwebt. Das wäre natürlich schade, vor allem für Jenny Cooper, aber noch schader wäre es, wenn ich das Buch schreibe und dann statt dessen ein ganz anderes schreiben muss. So liegt Scherzi, das Scherbenzimmer, jetzt erstmal auf Eis, reift vor sich hin und wartet auf die Chance, mein erster Auftragsroman zu werden, von dem ich vollmundig behaupte »Ich schreibe das erst, wenn ich einen Vertrag dafür habe!«, und mit dem ich mir sehr professionell vorkomme. Deswegen halte ich mich hier zum Scherzi-Inhalt erst einmal bedeckt. Es muss ja doch irgendwie seine Exklusivität bewahren, n’est-ce pas?

Und wenn es jetzt nichts wird mit dem Vertrag und ich meine Puzi-Fortsetzung erst mal nicht schreiben kann? Das macht gar nichts. Ich habe ja immer noch Percy. Und der kann noch so viele Abenteuer erleben… Ich bin also in einer Win-Win-Situation. Wenn da nicht die Sache mit dem Gründungszuschuss wäre, könnte man sagen, ich jammere nur auf hohem Niveau. Aber auch so bemühe ich mich um einen positiven Ausblick: Schreiben macht Spaß. Schreiben ist das einzige, mit dem ich meine Acht-Stunden-Tage verbringen will. Schreiben ist das, was ich am meisten liebe auf der Welt. Und daran können auch ein Dutzend Absagen nichts ändern.

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