Lassen Sie mich durch, ich bin Autor!

Ich bin krankgeschrieben und kaum aus meinem Bett zu bekommen – der Versuch, bei dem Psychiater, den mir mein Hausarzt empfohlen hat, ist bislang an den Sprechzeiten gescheitert, die leider auf Webseite und Anrufbeantworter nicht übereinstimmen, also bleibt es behandlungsmäßig noch beim Bewährten – aber fürs Fernsehen reicht es immer. Also habe ich die ersten Folgen von Castle gesehen, einer Krimiserie, bei der ein Autor der Polizei hilft, Verbrechen aufzuklären. Krimis liebe ich ja schon lange, und ein Autor bin ich auch, es hätte also genau die Serie für mich sein müssen – ist es aber nicht. Die Figuren sind schablonenhafte Stereotypen, und damit meine ich nicht nur die Nebenrollen, sondern auch die Hauptfiguren – jeder scheint genau eine Charaktereigenschaft zu haben, die dann bis zum Gehtnichtmehr aufgeblasen wird.

Der Autor ist ein selbstverliebter Frauenheld, der bei Autorenlesungen bevorzugt auf dem Dekolleté signiert, die Polizistin die typische toughe-aber-süße Pistolenbraut, die Tochter die rechtschaffen-gute Streberin und die Mutter die billigste alternde Diva, die man sich nur vorstellen kann, ohne darauf einzugehen, daß dieser Typ eigentlich ausgestorben ist, als Heroin das Morphium vom Markt verdrängt hat, und überhaupt ist die einzig wahre TV-Nymphomanin Blanche von den Golden Girls. Es gibt keine Charakterentwicklung – wie auch, ohne Charakter! – und die Morde sind so bizzar wie unwahrscheinlich. Dabei weiß die Serie nie, ob sie sich nun ernst nimmt oder nicht und driftet immer dann ins Klamottenhafte ab, wenn sie versucht, lustig zu sein.

Aber das ist okay. Ich schaue gerne Schrott im Fernsehen. Was mich hier aber wirklich ärgert, ist die Darstellung des Autor. Nicht nur ist er hölzern und stereotyp, vor allem aber ist er so, wie sich Klein Fritzchen einen Autor vorstellt, nicht so, wie Autoren wirklich sind. Natürlich, das gilt im Fernsehen auch für Polizisten und Ärzte und alle anderen Berufe. Aber diese Serien werden nicht von Polizisten geschrieben und nicht von Ärzten, und diese Serie über einen Autor wird geschrieben von, na?, Autoren – sollten die das nicht eigentlich besser wissen? Sind Drehbuchautoren so anders als Romanschreiber? Oder wollen sie hier nur dem Publikum das servieren, was es haben können wollte?

Ich denke, die Serie würde mir besser gefallen, wenn sie sich nicht um diesen supererfolgreichen Bestsellerautor drehen würde sondern um einen normalen Schriftsteller, der nicht mit dem Bürgermeister und dem Richter befreundet ist, sondern versucht, über die Runden zu kommen, der arbeiten gehen muß oder zumindest jobben, um die Rechnungen zu bezahlen, und der nicht melodramatisch sagt »Oh, ich leide an einer Schreibblockade!«, sondern sich Gedanken macht über Plot und Charakterentwicklung und all die anderen Sachen – an die die Macher dieser Serie keinen Gedanken verschwendet haben.

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