Die Häupter meiner Lieben

Manchmal passieren im Leben eines Autors seltsame, bemerkenswerte Dinge, bei denen man geneigt sein kann, sie als Zeichen zu betrachten. Zeichen wofür, das muss sich zeigen, aber ich hatte gerade so einen Moment, den ich hier nicht verschweigen mag. Ich bin, das ist kein Geheimnis, mehr als nur ein bisschen verrückt, habe das sogar schriftlich, aber da es mir gesundheitlich zur Zeit so gut geht, dass ich nach und nach meine Medikamente absetzen kann, reduziert sich das gerade auf durchaus liebenswerte Schrullen, und eine davon ist meine Puppensammlung. Jetzt ist eine Puppensammlung per se nichts Ungewöhnliches, aber meine ist besonders kompakt. Als ich letztes Jahr am Puppenzimmer arbeitete und mein Interesse an Puppen wieder erwachte, passierte das übliche: Man liest, man sieht Fotos, man will haben. Und in meinem Fall waren das nicht irgendwelche Puppen, noch nicht einmal die gruseligen Living Dead Dolls, von denen ich einige besitze, sondern schöne, alte Porzellan- und Massepuppen, abgespielt und ein bisschen unheimlich.

Nun wohne ich mit meinem Mann in einer Mietwohnung, die nicht klein ist, aber vollgestopft mit Büchern, so dass Platz immer ein Problem ist, ganz abgesehen davon, dass man Mann auch noch ein Wörtchen mitzureden hat bei Dekorationen außerhalb meines eigenen Zimmers, und dann ist da noch die Frage der Kosten, eine Sammlung alter Puppen geht ja doch ins Geld. So fing ich an zu sammeln, aber platzsparend und kostengünstig. Letztlich ist das interessante, und auch das gruselige, an einer Puppe ihr Gesicht. Und alte Puppenköpfe ohne Puppe dran bekommt man bei Ebay für wenige Euros. Ein ausgedientes CD-Regal mutierte zum Setzkasten, und die Wand über meinem Bett, zu leer und zu langweilig, wurde zum neuen Blickfang. Wenn ich bei meinen Freunden und Bekannten Eindruck schinden will oder wirklich für verrückt gehalten werden, führe ich sie in das Zimmer und zeige ihnen die Sammlung. Seit fast einem Jahr hängt das Regal nun dort.Es sieht wirklich sehr eindrucksvoll aus, und gruselig, aber es ist nichts, was mir Angst machen würde, und ich schlafe darunter sehr gut.

Meine Puppensammlung
Meine Puppensammlung

Gestern saß ich in meinem Bett und las, nicht irgendetwas, sondern Das Puppenzimmer. Ich muss gestehen, dass ich meine eigenen Bücher sehr gerne lese, was die logische Konsequenz ist, wenn man als Autor das schreibt, was man selbst gerne liest, und seit ich einen Kindle besitze, auf dem ich meine Texte als Ebooks habe, macht es die Lektüre doch sehr einfach – deutlich besser, als wenn man versucht, direkt vom Bildschirm zu lesen oder Hunderte von Seiten ausdruckt. Nach der Buchmesse war das Interesse an »PuZi« neu erwacht, ein Jahr lang hatte ich das Buch nicht angerührt, und ich wollte doch sichergehen, dass das, was meine Agentur da anbietet, immer noch meinen Vorstellungen von einem guten Buch entspricht. Aber was soll ich sagen? Ich war ganz hin und weg. Das soll ich geschrieben haben? Als Autor schwankt man ja bei der Lektüre seiner eigenen Texte immer zwischen zwei Extremen: Entweder man findet es ganz und gar großartig, oder man hält es für den erbärmlichsten Mist, der jemals geschrieben wurde.

Ich jedenfalls war sehr zufrieden. Aber just, als ich die letzten Zeilen gelesen hatte, mein Lesegerät beiseitslegte und mich im Bett ausstreckte, stieß mein Fuß gegen ein Hindernis. Etwas lag mit mir im Bett, etwas rundliches, hartes. Ich konnte es nicht einordnen, griff danach, und erschrank furchtbar. In meiner Hand hielt ich einen Puppenkopf. Er musste unbemerkt aus dem Regal ins Bett gefallen sein, nur wann? In der Nacht davor war er mit Sicherheit noch nicht da, das hätte ich gemerkt. Zum Glück war das Köpfchen (auf dem Bild: Obere Reihe, siebtes Fach von links, linker Kopf) weich gelandet und nicht zu Schaden zu kommen, aber trotzdem – da kann ich nicht so ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen, auch wenn ich nicht esoterisch veranlagt bin und zwischen Phantasie und Wirklichkeit trennen kann. Fast ein Jahr lang hängt das Regal da schon, und es ist nie auch nur ein Kopf herausgefallen – was erstaunlich ist, denn Puppenköpfe sind üblicherweise unten rund und können nicht von alleine stehen, und mache halten nur, weil sie mit ihrem Nebenmann verkantet sind. Und ausgerechnet jetzt, während ich Das Puppenzimmer lese, fällt mir ein Puppenkopf in den Schoß? Das kann kein Zufall sein.

Ich nehme das jetzt als gutes Omen. Und wer weiß, wenn an dieser Stelle wirklich bald große Neuigkeiten stehen, ist das doch ein echter Grund, zum Aberglauben überzulaufen.

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