Percy, wir müssen reden!

Eigentlich ist es mir fast schon peinlich. Dieser verteufelte Alkohol! Ich habe mir schon so oft vorgenommen, es nie wieder zu tun, aber was soll ich sagen? Es ist eben doch schon wieder passiert. Eigentlich sollte Felder, der Glücksritter, der sich in der Flöte aus Eis um Kopf, Kragen und Königreich trinkt, der einzige Vertreter seiner Zunft bleiben. Dann kam mit Mowsal aus der Spinnwebstadt ein feines Beispiel für einen alkoholgefährdeten Jugendlichen, und als ich mit den Chroniken der Elomaran anfing, hatte ich mit Jurik auf der einen Seite und Varyn auf der anderen gleich zwei Leute, die mit massiven Alkoholproblemen zu kämpfen haben. Und damit war noch lange nicht Schluss. In der Gauklerinsel ist Roashan derart weit fortgeschritten in seiner Sucht, dass er mit körperlichen Entzugserscheinungen zu kämpfen hat, und sein Freund Shaun ist nur deswegen trocken, weil er als Geist keine andere Wahl mehr hat, und das sollte dann wirklich die Krönung sein und das Ende einer schon viel zu langen Reihe von Alkoholikern in meinen Geschichten, aber dann kam das Gefälschte Siegel mit Kevron, der ohne Alkohol keinen Schlaf findet und sich ohne Aufputschmittel nicht wachhalten kann, und selbst im plotlosen Geistersaat ist Damon Rickard nie ohne Glas in der Hand anzutreffen, und ich stehe da und muss mich fragen, will ich wirklich der Charles Bukowski der Fantasyliteratur werden?… Weiterlesen

Wenn man dem Herzen folgt

Eigentlich hatte ich alles minutiös durchgeplant: Wenn die Mohnkinder fertig sind, so der Plan, schreibe ich Geisterlied fertig, was bis Mitte März dauern wird, und dann plane ich in Ruhe Percys zweites Abenteuer, während ich den ersten Band überarbeite. Aber mein Herz ist mir dazwischengekommen. Mein Herz hängt an Percy, und es will ihn nicht einfach so ziehen lassen. Ähnlich ging es mir Anfang 2011, als ich die Gauklerinsel fertig hatte und Abschied nehmen musste von Rosi, vermutlich für immer, und ich habe um das fertige Buch mehr getrauert als mich gefreut. Beim Ende der Mohnkinder habe ich mir so oft gesagt, dass es für Percy ja nicht das Ende ist, dass er wiederkehren wird, aber nach zwei Tagen Arbeit an Geisterlied, von deren Output ich die Hälfte postwendend wieder weggeworfen habe, war mir klar, so geht es nicht weiter. Ich brauche meinen Percy, und ich brauche ihn mutmaßlich dringender als meinen eigenen Partner. Und so habe ich alle Pläne über den Haufen geworfen und – parallel zur Arbeit an Geisterlied, das so oder so fertig werden muss, wenn auch nicht mit zweitausend Wörtern am Tag – habe ich nun, ohne viel Plot, aber dafür hochmotiviert – mit der Arbeit an dem Buch begonnen, das gegenwärtig den Arbeitstitel Schattenfinger trägt.… Weiterlesen

Guter Mohn, du gehst so stille

Und plötzlich ist es aus. Eben noch schreibt man jeden Tag zehn Seiten an seinem Lieblingsbuch, da ist es auch schon fertig. Zugegeben, ich musste in die Verlängerung gehen, denn nachdem ich das Buch für fertig erklärt hatte und das letzte Kapitel an meine Betaleser rausgeschickt, mit dem unbefriedigenden Gefühl, das Ende versemmelt zu haben, bin ich nochmal kritisch über das, was ich geschrieben habe, drübergegangen – und es las sich nicht wie ein versemmeltes Ende. Es las sich überhaupt nicht wie ein Ende. Es war mehr so, als hätte ich meinen Betas eine alte Version des Kapitels geschickt, in dem die letzte, entscheidende Szene noch gar nicht drin was. Was sich beim Schreiben wie ein einigermaßen starker letzter Satz angefühlt hatte, war mehr, als würde man bei voller Fahrt aus einem Eisenbahnwaggon springen und brüllen »Ich bin am Ziel!« – viele Meilen vor dem nächsten Bahnhof. Was für ein Glück! Es gibt Problemszenen, da merkt man nicht so eindeutig, was dran falsch gelaufen ist. So habe ich mich am anderen Tag hingesetzt, noch eine Szene geschrieben, mich gefreut, dass mir Percy noch einen Tag länger erhalten bleibt, und das Kapitel ein zweites Mal an die Betas verschickt. Die ersten Rückmeldungen sind positiv ausgefallen.… Weiterlesen

Puzi, Scherzi, Percy

In der letzten Zeit scheint es bei mir sehr niedlich zuzugehen. Wer mich von meinen Geschichten erzählen hört, stolpert über so knuffige Ausdrücke wie Puzi, Scherzi und Percy. Wer Percy ist, sollte nach fleißiger Lektüre meines Blogs nicht mehr die Frage sein – Percy, mit vollem falschen Namen Percival Jessup, ist ein Gentleman der zwanziger Jahre und Held einer Romanreihe, die man vom Genre mehr als Geiterkrimi denn als Fantasy bezeichnen muss und mehr in der Tradition von Dorothy Sayers und Margery Allingham steht als in der von Tolkien – gut, in Tolkiens Tradition stand ich noch nie, aber die Tendenz sollte damit klar sein. Das erste Abenteuer, die Mohnkinder, ist so gut wie abgeschlossen, der Folgeband, derzeit unter dem Arbeitstitel Schattenfinger geplant, steht in den Startlöchern und wartet nur noch auf ein etwas klareres Konzept, in dem mehr die formalen Aspekte zu klären sind als die inhaltlichen. Ich freue mich schon, mit der Arbeit daran zu beginnen – aber wenn ich alternativ zuerst Scherzi schreiben darf, ist das auch nicht schlecht.

Scherzi ist die Fortsetzung von Puzi, klar, nee? Puzi ist, das sollte nicht schwer zu erraten sein, das Puppenzimmer. Nachdem meine Agentin dem Haus der Puppen diesen neuen Titel verliehen hat – zum einen passt er besser, zum anderen war der erste schon belegt durch einen Dokumentarfilm über Auschwitz, mit dem ich ganz sicher keine Assoziationen haben wollte – war für mich nichts naheliegender, als die Verniedlichungsform einzuführen.… Weiterlesen

Das Leben in der Hand des Gänseblümchens

Wieder einmal ist es soweit, die Arbeit an einem Roman neigt sich dem Ende zu, aber statt dass ich meiner üblichen Buchschlusspanik verfalle und jammere, dass ich meine liebgewordenen Helden verlassen muss, zeige ich mich vor allem unentschlossen. Ich habe noch vier Tage lang zu schreiben, dann bin ich fertig, und eigentlich sollte ich genau wissen, was ich da zu schreiben habe. Aber genau an einer entscheidenden Stelle war ich bis zuletzt unentschlossen: Gibt es ein Happyend, oder gibt es keines? Natürlich, das Wort ‚Happyend‘ ist bei den Mohnkindern so oder so falsch gewählt. Es ändert nichts mehr daran, dass ein kleines Mädchen tot ist und nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden kann, egal wie ich mich entscheide. Die Happyend-Frage betrifft in diesem Fall nur das überlebende Mädchen, Laurel. Wird sie lernen, mit dem Tod der Zwillingsschwester zu leben und ein eigenständiges Leben zu führen? Oder lässt sie sich von Ivys Geist überzeugen, dass sie zusammengehören, für immer, und nimmt sich ihr eigenes Leben?

Der eine Schluss ist versöhnlich und hat einen positiven Ausblick, der andere kommt dafür bestimmt überraschender, und ich habe meine Leser immer schon gerne überrascht. Außerdem hatte ich seit der Flöte aus Eis kein trauriges Ende mehr – und das war 1997.… Weiterlesen

Falsche Zähne und der Preis des Lebens

Wenn man einen historischen Roman schreibt, muss man anständig recherchieren, und das gilt auch dann, wenn dieser Roman nur ein Fantasy/Horror/Supernatural-Roman in historischem Gewand ist. Nach wie vor drücke ich mich ja davor, Die Tochter des Goldmachers zu schreiben, einen reinen historischen Roman auf Basis einer von meinen Eltern beim Ahnenforschen ausgegrabenen hochinteressanten Räuberpistole aus dem Jahr 1785 – das liegt nicht mal daran, dass mich das Historiengenre wenig reizt, auch nicht als Leser, oder ich zu faul zum Recherchieren bin, sondern dass ich mit einem phantastischen Roman debutieren will und nicht auf Dauer auf ein mir fremdes Genre festgenagelt werden will. Aber für meine geliebten Mohnkinder recherchiere ich, bis mir die Finger bluten. Denn ich bin, wenn auch glücklich arbeitslos, eine Bibliothekarin, und Recherche steckt mir in den Knochen. Auch wenn das heißt, dass es mir mehr Spaß macht, die Literatur aufzutreiben als sie hinterher durcharbeiten zu müssen – aber was ich für meinen 1921er Spukroman brauche, sind keine dicken Wälzer, sondern ganz ganz viele kleine Details.

Weltpolitisch ist die Zeit für mich keine große Herausforderung. In britischer Geschichte bin ich sehr firm, die Zeit zwischen den Weltkriegen habe ich fürs Abitur gepaukt, und hinzu kommt, dass ich nicht über Königskinder oder Premierminister schreibe, sondern über normale Leute, die relativ wenig mit politischen Entscheidungen zu tun haben, dafür aber um so mehr mit Alltäglichkeiten.… Weiterlesen

Wat kütt? Dat kütt! II

Das Schreibjahr 2011 war ohne Zweifel das fruchtbarste meines ganzen Lebens. Nicht nur habe ich mein Jahresziel von 500.000 Wörtern am Ende so locker erreicht, dass ich den Dezember über ruhig ausklingen lassen konnte und keinen Endspurt hinlegen musste, vor allem aber habe ich drei Romane fertiggestellt, einen davon mit über achthundert Seiten, habe einen Roman abgeliefert, der auch nach der Buchmesse positive Resonanz bei den Verlagen hervorgerufen hat, und habe erkannt, dass Schreiben das ist, womit ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Aber das beste ist, dass ich keinen Zweifel daran habe, im Jahr 2012 das Ergebnis nochmal zu übertreffen. Nicht unbedingt an Quantität – 500.000 Wörter sind eine schöne Menge, das muss nicht unbedingt mehr werden – aber doch an Qualität. Ich bin schon gut, aber ich kann und muss mich immer noch steigern. Und so folgen nun, nach meinen letztjährigen Guten Schreibvorsätzen, die ich fast alle eingehalten habe, die Werke in Arbeit, die ich ins neue Jahr mitnehmen werde.

Mohnkinder
Als ein Geniestreich hat sich mein Nanowrimo-Neuzugang in diesem Jahr erwiesen. Mit weniger als zehn Tagen zwischen Idee und Drauflosschreiben hätte das Schlimmste dabei herauskommen können, aber tatsächlich ist mir Percy ans Herz gewachsen wie lange kein Held mehr, die Recherchen machen Spaß, der Plot kommt gut an, und sogar meine Eltern waren vom Konzept überzeugt, eingeschlossen meinen Vater, der noch nie etwas von mir hat lesen mögen.… Weiterlesen