Warum ich keine Bonbons klaue

Die Plagiatsaffäre, über die ich vor einigen Monaten gebloggt habe, ebbt nicht ab, und immer neue Fälle werden bekannt – das scheint echt kein Ende zu nehmen mit den Abschreiberlingen. Immer mehr Autoren beziehen dagegen Stellung, und auch ich wurde jetzt eingeladen, an einem Projekt teilzunehmen, bei dem Autoren erklären, wie wichtig es ihnen ist, beim Schreiben fair zu bleiben. Ich habe zugesagt, weil mir das Thema selbst am Herzen liegt – aber ich muss sagen, beim Schreiben fair zu sein, hat für mich keinerlei Relevanz. »Keine anderen Bücher abschreiben« rangiert bei mir auf einem Level wie »Nicht die ganze Zeit über rückwärts gehen«, »Nicht nackt Fahrradfahren« und »Nicht von der Rheinbrücke springen« – es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, und die Notwendigkeit, zu betonen, dass man das Urheberrecht der Kollegen beachtet, ist beschämend.

Ich will weder beim Einkaufen mit einem Schild um den Hals herumrennen »Ich klaue keine Bonbons«, um in den Laden gelassen zu werden, noch meine Bücher mit einer Plakette schmücken, dass sie auch wirklich nicht abgeschrieben sind. Ist Plagiieren jetzt derart zur Norm geworden, dass man Originalwerke besonders kennzeichnen muss? Selbst Bio- und Fairtradesiegel sind in dem Sinne ein Armutszeugnis, als dass sie überhaupt notwendig sind; dass man eine besondere Auszeichnung bekommt, Umwelt und Mitmenschen nicht wie den letzten Dreck zu behandeln, nur weil es alle anderen tun.… Weiterlesen

Plagiahi, Plagiaho, Plagiahihahoppsassa

Ich habe abgeschrieben. Und es tut mir leid. Es ist bald dreißig Jahre her. Ich war im achten Schuljahr hatte im Englischunterricht eine Sechs geschrieben, sehr zu meinem Leidwesen und erst recht dem meiner Eltern, im Diktat. Zum Glück sollte es die einzige Sechs meiner Laufbahn bleiben, aber die Folgen waren drastisch. Rechtschreibung war noch nie meine Stärke, aber Englisch eigentlich eines meiner Lienblingsfächer, und dann sowas … Meine Mutter hatte den rettenden Einfall: ich sollte englische Texte abschreiben. Aus der Stadtbücherei lieh ich mir ein Drei-Fragezeichen-Buch aus, auf Englisch. Gutsortierte Bücherei war das, und Drei Fragezeichen habe ich schon immer geliebt. Also musste ich jeden Tag eine Seite aus dem Buch abschreiben, um mir die Rechtschreibung einzuprägen.

Ich wollte das Nützliche mit dem Angenehmen kombinieren: In dem Jahr hatte ich gerade meine erste Schreibmaschine bekommen, und es war an der Zeit, richtig tippen zu lernen. Meine Theorie: Wenn ich nach jedem Buchstaben erst eine Minute suchen muss, prägt sich mir die Rechtschreibung doppelt gut ein! Meine Mutter war wenig überzeugt, glaubte sie doch, nur handschriftlich ließen sich nachhaltige Erfolge erzielen, doch die Hauptsache war, ich tat überhaupt was für meine Englischkenntnisse. Gut anderthalb Kapitel habe ich auf diese Weise geschafft.… Weiterlesen