Der Romanfriedhof: »Klagende Flamme«

Hier ist sie endlich wieder, die beliebte Rubrik meines Blogs, in der ich Romane vorstelle, die gescheitert sind, und warum. Heute mit einem Fall, der an einer ganz anderen Sache krankte, als ich eigentlich dachte … »Klagende Flamme« ist der letzte Arbeitstitel eines Buches, zwischendurch auch mal »Der Löwenkelch« oder »Das brennende Buch« hieß. Weil es in diesem Buch um einen verkrachten Sonnengott geht, hatte mich ein Zitat aus Heines »Deutschland, ein Wintermärchen« angesprungen, wo es heißt »Sonne, du klagende Flamme«. Mit Deutschland, oder dem Winter, hat das Setting aber nichts zu tun, und das ist das Problem.

Ziemlich genau auf den Tag heute vor 19 Jahren hatte ich die Idee zu dieser Geschichte, nachdem erst einer nach dem anderen die Zwillinge Byron und Jarvis bei mir auftraten und dann ein enigmatischer Mann ohne Mund, der sich als der Lippenlose vorstellte, und dann ging es sehr schnell, und ich steckte mitten in einer neuen Geschichte. Sie folgte dem (Miss)Geschick der Brüder, Söhnen eines Provinzherzogs, wobei »Provinz« diesmal wirklich janz weit draußen bedeutet. Einer Gruppe Ritter, die ihren alten Idealen anhängen wollte und nicht mit dem Rest des Königreichs in die Moderne einziehen wollte, bekam von ihrem König eine entlegene Kolonie überantwortet, wo sie nun unter sengender Sonne fröhlich weiter Ritter spielen können.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Die Welt in der Wühlkiste«

Der Todeskandidat, den ich euch heute vorstellen möchte, ist ein besonderer Fall unter meinen Schrankleichen. Nicht nur ist der Roman mausetot, er wurde ausgeschlachtet. Und während ich bei anderen toten Romanen immer nochmal daran denke, sie vielleicht wiederzubeleben, kann ich mir das hier nicht erlauben – jeder Versuch, Die Welt in der Wühlkiste mit neuem Leben zu füllen, würde bedeuten, ein anderes Projekt, das ich sehr liebe, zum Tode zu verdammen. Es ist fast ironisch, dass ein Roman, der daran scheitern sollte, dass ihm Herz und Seele fehlten, am Ende selbst zu Herz und Seele meiner Fälscher-Trilogie werden sollte. Und dabei war ich auf das Konzept so stolz! Ein Roman, der auf der Metaebene arbeitet, der die vierte Wand durchbricht, eine brillante Mediensatire, die das Fantasy-Genre und das Buchwesen an sich aufs Korn nimmt … Manchmal bin ich einfach zu genial für mein eigenes Wohlergehen.

Fantasyromane, in denen unbescholtene Normalbürger in phantastische Welten versetzt werden, sind typische Genrevertreter der achtziger und neunziger Jahre und haben inzwischen fast schon Seltenheitswert, aber zur Blütezeit meines Fantasylesens machten sie wirklich einen großen Anteil aus. Ich erinnere mich an weltenreisende Rollenspieler, Polizisten und Mechanikerinnen, und in einmem besonders origellen Vertreter muss ein Autor in seine eigene Welt reisen, um sie vor dem Untergang zu bewahren.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Alibi für einen Geist«

Wie ich schon in meinem letzten Beitrag zum Thema Genres schrieb und auch schon das eine oder andere Mal davor, wollte ich immer eine Krimiautorin werden. In keinem Genre, noch nicht mal in der Fantasy, habe ich soviel gelesen, bin mit allen Mustern und Techniken vertraut und mit den Klassikern aufgewachsen. Ich kenne S.S. van Dines Regel des fünften Kapitels, habe erweiterte Kenntnisse in Sachen Toxikologie und Gerichtsmedizin, kenne die meisten Serienmörder der letzten zweihundert Jahre mit Vor- und Nachname und selbstverständlich ihren Lieblingsmordmethoden. Man kann sagen, ich bin ein rechter Nerd, wo es um Tote geht, und gepaart mit meinem schriftstellerischem Talent liegt eigentlich nichts näher, als das Ganze zu kombinieren und mir mein Brot als Krimiautorin zu verdienen. Theoretisch. Denn zwischen mir und diesem Ziel steht ein Hindernis, oder besser gesagt, liegt eine Leiche: das Romanfragment Alibi für einen Geist.

Das Buch war nicht mein erster Versuch, einen Krimi zu schreiben, und auch nicht mein letzter, aber derjenige, der in Sachen Seitenzahl am weitesten fortgeschritten ist – lange Zeit war es mein längster zusammenhängender Text überhaupt. Mehr als zweihundertsiebzig handschriftliche Seiten sind schon ein Brocken, und auch heute, wo ich auf eine ganze Reihe abgeschlossener Romane zurückblicken kann, hat ein Buch, das diese Länge erreicht, den Point of no Return eigentlich überschritten, und wenn es dann doch liegenbleibt, ist das sehr traurig.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Das Erbe brach in Brüllen aus«

Da habe ich gerade, wieder mal, einen neuen Roman angefangen und bin jetzt schon erfolgreich bald mit dem zweiten Kapitel von Die Schattenuhr aka Percys Rückkehr – ja, ich habe den Arbeitstitel geändert zu dem, den ich schon die ganze Zeit haben wollte und erst nicht genommen habe, weil es schon ein Buch dieses Titels auf dem Markt gibt, aber hey, es ist ein Arbeitstitel, und bis das Buch mal den Markt sieht, grht noch viel Wasser den Rhein runter. In den letzten zwei Jahren hat sich meine Quote angefangener zu beendeter Bücher erfolgreich verbessert, aber ich schreibe jetzt bald seit dreißig Jahren und blicke auf einen großen Friedhof begrabenere Werke zurück, manche davon hunderte von Seiten lang, andere nur wenige hundert Wörter. Ich stehe zu meiner Vergangenheit und denke, es ist vielleicht ganz interessant, in diesem Blog auch mal diejenigen Bücher zu beleuchten, die es nicht geschafft haben und warum. In willkürlicher Reihenfolge picke ich mir nun also die Leichen heraus und präsentiere sie zumindest für ein einziges Mal der Außenwelt. Den Anfang macht das Buch mit dem zweitungewöhnlichsten Titel meiner Karriere (nur übertroffen vom ebenfalls begrabenen Sie sind schon tot, sagt Phoebe, auf das ich ein andermal zu sprechen kommen werde): Das Erbe brach in Brüllen aus.… Weiterlesen