Fragen und Antworten zum »Puppenzimmer«

Hier füllen sich langsam die FAQ zu diesem Buch. Wer Fragen zum Hintergrund der Geschichte hat oder zu ihrer Entstehung, kann mich gerne direkt per E-Mail an maja@ilisch.de kontaktieren. Ich warne vor, dass ich nicht die allerschnellste Antworterin bin, aber ich freue mich trotzdem über alle Fragen und Kommentare.

In welcher Zeit spielt »Das Puppenzimmer«?

Die Geschichte ist 1908 angesiedelt, aber das spielt in diesem Fall eine eher untergeordnete Rolle. In den Herrenhäusern auf dem Land – das gilt für England genauso wie Deutschland – hat über Jahrzehnte die Zeit quasi stillgestanden. Es wurden vielleicht Modernisierungen am Haus vorgenommen, Gaslicht, sanitäre Anlagen, elektrischer Strom installiert, aber das soziale Gefüge zwischen Herrschaften und Personal war ganz klar geregelt, und daran hat sich sehr lange nichts geändert, bis der Erste Weltkrieg ausbrach. Klassischerweise spielen Gaslicht-Romane in der viktorianischen ära, deren Ende ich hier um sieben Jahre verfehlt habe, aber ich hatte einen wichtigen Grund, so spät dran zu sein: Porzellanpuppen mit Echthaar und Glasaugen sind überhaupt erst um 1870 aufgekommen – und damit sie zu dem Zeitpunkt, da die Geschichte stattfindet, schon ein gewisses Alter auf dem Buckel haben können, musste ich so weit nach hinten ausweichen. Das genaue Datum wird im Buch nie genannt, weil es wirklich nicht so wichtig ist, aber ich habe ein paar Hinweise eingebaut, zum Beispiel auf die Olympischen Spiele in London – das war 1908.

Das Genre Gaslight – ist das sowas wie Steampunk?

Als ich anfing, am »Das Puppenzimmer« zu arbeiten, haben einige befreundete Autoren, denen ich von der Geschichte erzählt habe, das automatisch mit Steampunk gleichgesetzt, weil es in einer vergleichbaren Epoche spielt. Aber es sind zwei paar Schuhe. Im Steampunk wird eine alternative Technikentwicklung vorausgesetzt, in der Dampfmaschinen anstelle elektrischen Stromes vorherrschend sind. Das Gaslicht-Genre selbst ist so alt, dass Elektrizität noch gar kein Thema war, und es kann auch völlig ohne phantastische Elemente auskommen. Gaslicht-Romane sind üblicherweise in der Spätviktorianik angesiedelte Schauerromane, die Spannung für ein weibliches Publikum anbieten. Ein wichtiger, wenn nicht der bedeutendste, Vertreter ist Wilkie Collins, der mit Büchern wie »Die Frau in Weiß« Grusel und Schauder auf höchstem Niveau geliefert hat und der unter meinen Lieblingsautoren nicht wegzudenken ist. Moderne Gaslichtromane sind oft eher dem Groschenheft- oder Schundroman zuzuordnen, wobei es lobenswerte Ausnahmen gibt, und erzählen immer wieder gleiche Geschichten von ängstlichen Erbinnen und geheimnisvollen Landhäusern – das ist schade, denn das Genre hat so viel mehr zu bieten und noch viel Platz für Abwechlung jenseits von Victoria Holt. Aber ich will mich nicht beschweren. Ich habe all diese Bücher trotzdem mit Leidenschaft verschlungen.

Gibt es das Buch nur als Ebook?

Bis jetzt ist »Das Puppenzimmer« exklusiv im Ebook erhältlich, aber das soll nicht negativ klingen – ich bin glücklich, dass ich bei einem Verlag untergekommen bin, wo ich mit meiner Idee, wie die Geschichte ausgehen sollte, nicht abgeblockt worden bin, sondern vielmehr offene Türen eingerannt habe, und wo ich ein ganz wunderbar ausführliches Lektorat bekommen habe. Tatsächlich hätte ich früher sicher abgewinkt bei dem Gedanken, dass mein Debütroman ausschließlich in digitaler Form veröffentlicht werden sollte, aber ich wollte nun einmal unbedingt mit diesem bestimmtebn Lektor zusammenarbeiten, und das habe ich nicht bereut. Ich hoffe, dass es in absehbarer Zukunft auch eine Druckausgabe geben wird, dafür liebe ich schöngemachte Bücher einfach zu sehr und weiß auch, dass längst nicht jeder ein Lesegerät besitzt. Aber es ist mir lieber, auf den Druck noch ein bisschen zu warten und dafür mit dem Inhalt absolut glücklich zu sein, als zwar mit großer Startauflage im Druck an den Markt zu gehen, aber dafür weniger Dialog im Lektorat zu haben, kein Mitspracherecht beim Cover und ein Ende, das nur meine zweite Wahl gewesen wäre. Wer gerne auf dem Laufenden gehalten möchte, wenn eine Druckausgabe ansteht, kann mich anmailen und bekommt eine Nachricht, wenn sich in dieser Hinsicht etwas tun sollte.

Was hat es mir Elvira Madigan auf sich?

Wie ein roter Faden zieht sich durch das Buch die Seiltänzerin Elvira Madigan. Sie ist eine historische Figur, eine dänische Zirkusartistin – auf Tournee in ganz Skandinavien und sicher so eine Art Star in ihrer Zeit – die zum Mittelpunkt einer zutiefst unglücklichen Liebesgeschichte wurde. Elvira und der schwedische Dragonerleutnant Sixten Sparre verliebten sich ineinander und brannten miteinander durch – ein Skandal, denn Sixten war verheiratet und Vater zweier Kinder, und da er außerdem ein Angehöriger des Militärs war, wurde er durch die Flucht zu einem Deserteur. Da die Zeitungen über die verschwundene Zirkusartistin mit Foto berichteten und Eliva zu oft erkannt wurde, wurde das junge Paar immer weiter in die Enge getrieben. Am Ende, mittellos und verzweifelt, begingen sie auf der dänischen Insel Tåsinge gemeinsamen Selbstmord, wobei Sixten Sparre erst Elvira und dann sich selbst erschoss. Diese Geschichte hat sich 1889 zugetragen und damit deutlich vor der Handlung des „Puppenzimmers“, aber ich musste sie doch unbedingt einbauen, schon als Verneigung vor meinem Vater, der sie mir nahegebracht hat. Dass Florence im Jahr 1908 von Elvira gehört haben kann , ist jedenfalls nicht unwahrscheinlich, da die Geschichte seinerzeit genug Wellen geschlagen hat, um später Einzug in einen Almanach oder eine Frauenzeitschrift gefunden zu haben, und kein Druckwerk, selbst wenn es schon in kleinen Stücken am Kamin liegt, ist vor Florence sicher.

Wird es eine Fortsetzung zum »Puppenzimmer« geben?

Ich möchte das zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder bestätigen noch ausschließen – ein Konzept habe ich jedenfalls und auch schon ein paar konkrete Ideen, aber natürlich muss dabei auch der Verlag mitspielen. Ich denke, dass die Geschichte an sich noch eine Menge Potenzial bietet, aber ich möchte zugleich, dass die Fortsetzung ganz anders wird als der erste Teil. »Das Puppenzimmer« funktioniert wunderbar als Mysteryroman, aber wenn die Fragen beantwortet sind, was es mit den Puppen auf sich hat und wer die Molyneux‘ sind, kann und möchte ich sie im nächsten Buch nicht wieder aufs neue Stellen. Dadurch ändern sich die Vorzeichen komplett. Dann lieber »Lebwohl, Gaslicht!« sagen und etwas ganz anderes draus machen – einen Noir-Roman im Stile der Vierzigerjahre fände ich zum Beispiel toll. Aber wie erwähnt, der Verlag muss einverstanden sein. Und das wird die Zeit zeigen.